The Insights are Out

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 19. Januar 2015 um 15 Uhr 27 Minuten

 

Schluss, Ende, Feierabend:
 Martin Steyer
hat als "Chef des Ganzen" als letzter auch einen Blumenstrauss von seinem Team erhalten. Und als sich das Publikum aus dem alles andere als anheimelnden Kino- und Veranstaltungssaal entfernt hat, setzt er sich an den unten in der linken Ecke eingeparkten und einpackten Flügel und beginnt zu spielen: Einen grossen alten deutschen Meister, den er in aller frohgemuten und doch leisen Spiellaune zum wohltönen bringt: Ein Wohltat nach all dem Zerlegen und Zerrupfen des audiovisuellen Erlebnisses in seine Grundfesten, Wahrheiten und Waghalsigkeiten seines Making Of.

Eine ganze Woche haben sich wieder viele Teilnehmer aus ganz Europa in Potsdam getroffen, um sich unter dem Titel-Thema "File based" mit den neuen Entwicklungen in der Film-Produktion und -Distribution vertraut zu machen. [1]

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved

Aus dem umfangreichen Programm dieser ganzen Woche hier zumindest ein Einblich in einige der Veranstaltungen dieses Tages, von denen die folgenden Darstellung näher auskommentiert werden:

 Mark H. Weingartner
VFX and 3D in Hollywood

Das Programmversprechen, dass im Verlauf dieser Veranstaltung etwas über das making of von "Pirates of the Caribbean" zu erfahren und zu erleben sei, wurde zunächst nicht erfüllt.

Mark, der heute auch als Ausbilder für die Mitglieder der "International Cinematographers Guild" [2] vor allem für die Aneignungen von Techniken aus und in der digitalen Produktion arbeitet [3] frickelt zu viel an seinem Computer herum und hat zu viel zu erzählen, als dass er überhaupt zu dem angekündigten Thema kommt.

Aber das macht überhaupt nichts. Er bietet an, seinen Kurs nach der nächsten Kaffeepause im Nachbarstudio fortzusetzen: Ein Angebot, das von einer Handvoll Leuten mit grossem Interesse und vielen neugierigen und hochqualifizierten Fragen angenommen wird, so dass aus der morgendlichen Eröffnungsveranstaltung faktisch ein ganzer Vormittag wird.

Denn in seiner ganz und gar unprätentiösen Art und Weise macht er durch die Vielzahl an Beispielen klar, wie wichtig eben das "Gefrickel" für den Erfolg einen Filmes sein kann?

Erfolg? Nein eigentlich nicht. Er zeigt Beispiele, wie es der Arbeit eines ganzen Monats bedarf um letztendlich zwei Sekunden herbeizuzaubern, in denen die Flammen auf eine ganz besondere Art und Weise aus einem menschenähnlichen Dummy herauszüngeln.

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Aber er zeigt auch - am Beispiel des Films Moneyball aus dem Jahr 2011 - wie es mit heute schon im Einsatz befindlichen digitalen Technologien gelingt ein ganze Stadion voller Menschen durch den Einsatz vieler virtuell vervielfachter Menschengruppen zu generieren, ohne dass das Stadion je mit all diesen Menschen hätte gefüllt werden müssen. [4]

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Das Spannende an seinem Vortrag ist das Pragmatische und Praxisbezogene, mit dem er auf den Paradigmenwechsel von der analogen in die digitale Produktionsweise reagiert, gemäß dem Motto: wenn es eine Generalregel gibt, dann die, dass es diese nicht gibt.

Beeindruckend die Mozart-Rock-Oper, die von einer französischen Gruppe im Auftrag der koreanischen Telekom als 3D-Theater-Performance vorgestellt werden konnte. Hier stand die Technik ganz im Dienste der hochwertigen Produktionsidee.

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Ebenso beeindruckend aber auch, wie es gelingen kann, einen alles andere als überzeugenden Film - gemeint war hier G.I.Joe - Rise of Cobra von Stephen Sommers aus dem Jahr 2009 - zumindest dadurch zum Highlight zu erklären, da es dank einer wohldurchdachten VR-Technik gelingt, sogar den Eiffelturm in Paris vollständig zum Einsturz zu bringen.

Das muss man erst einmal schaffen, einen Flug über einen solchen Turm zu simulieren, ohne dass es noch gestattet gewesen wäre, diesen per Helikopter zu überfliegen.

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Neben all diesem Nitty Gritty Stuff macht er, der sowohl in der alten Schule der Analogtechnik aufgewachsen ist und sich heute selber in die digitale Welt katapultiert hat - berichtet er aber auch von den politischen Folgen, die diese Entwicklung mit sich gebracht hat.

In Hollywood, so Mark ganz unsentimental, sei heute eigentlich nichts mehr los. Produziert werden dort, wo es dafür noch Geld gibt. Und das sei nun zumeist ausserhalb der USA. Mit der Digitalisierung habe man sich endgültig in den Zustand eines neuen Nomadentums begeben müssen: "we’ve become migrant filmworkers" [5]

 Peter Hjorth vfx specialist for „Lars van Trier‘s „Melancholia.“
hatte bereits am Montag auf der Pressekonferenz darauf aufmerksam gemacht, dass die Produktionsstandorte der von ihm betreuten Filme immer mehr dahin wandern würden, wo ihnen Dank der jeweiligen Filmförderung eine "Heimat! angeboten werden würde, dass sie aber zugleich aufgrund dieser Unbeständigkeit des Standortes diesen mehr und mehr ins Netz verlegen würden - sei es per FTP oder, wie in anderen Fällen, in der Cloud.

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 Sebastian Leutner, COO / Executive Producer PIXOMONDO Berlin und - seine beide Kollegen Michael Lankes and Jan Adamczyk
Stereoscopic 3D VFX:HUGO CABRET
gingen ebenfalls auf dieses Thema ein - und das gleich zu Beginn ihres Vortrages.
Sie machten deutlich, dass mit der von ihnen angelegten rund um den Globus organisierten Produktionsweise die einzige Chance verbunden war, die überaus komplexen Aufgabenstellungen akkurat und just-in-time zu lösen.

Dass dabei dem berliner Standort dann im Verlauf der Arbeit ein besonderes Gewicht beigemessen wurde, war natürlich eine fine Sache, das Wohlgefallen an der eigenen Arbeit und das damit verbundene Mass an immer höherer Selbstständigkeit waren eine feine Sache - aber auch eine gefährliche, da damit in der Folge eine noch weit höhere workload verbunden war.

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PS.

Mehr zu dem Thema des Films HUGO CABRET kann in dem Beitrag vom 3. März 2012 unter dem Titel HUGO CABRET als Doppel-Portrait nachgelesen werden (und eine vergnügliche Lektüre wird garantiert :-).

Anmerkungen

[1Die Ziele im Einzelnen:

To inform film and broadcasting professionals about the aesthetic potential and characteristics of digital film production and workflows.

To enable decision-makers to base their investment decisions concerning new technology on a detailed understanding of the complex digital production workflows.

To establish the relevance of digital technologies for a film school’s curriculum and to help teaching staff to assess the impact of digitisation on film school facilities and curricula.

To enhance the marketability of participants on the job market through specialist knowledge on digital production processes.

To help build an international community of HDTV and D-Cinema experts.

To offer a platform for networking between participants, trainers and the media industry of Berlin-Brandenburg during and after the course.

[2Mark: "Wir nennen uns ’International’, weil wir neben den US-Mitgliedern auch Kanadier in unseren Reihen aufgenommen haben..."

[3Mark: "Wobei ich selber in den letzten Jahren wieder überwiegend mit Film gearbeitet habe..."

[4Die nachfolgende angezeigt Grafik ist dem Beitrag von Bill Desowitz "Filling the Stadium for Moneyball" in ANIMATION WORLD NETWORK vom 4. Oktober 2011 entnommen.

[5Interessant, dass er diesen Begriff so wörtlich nimmt. Steht er doch sogleich als Name für die Firma des Präsidenten der Digital Cinema Society, James Mathers.

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