BookFair: Ein Tag wie kein anderer

VON Dr. Wolf SiegertZUM Donnerstag Letzte Bearbeitung: 19. Januar 2015 um 17 Uhr 44 Minuten

 

0.

Nach wie vor: die Buchmesse in Frankfurt ist eine derjenigen Messen, die es selbst dann aufzusuchen lohnen würde, wenn man mal gar keine Verpflichtungen und Termine hätte.

Allein der alljährlich erscheinende Führer durch die „VERANSTALTUNGEN AUF DEM MESSE-GELÄNDE“ ist eine Freude zu studieren – und eine Herausforderung zugleich: Zu viel – und dadurch leider auch zu viele Termine und Angebote gleichzeitig, die man gerne wahrgenommen hätte.

So verlangt dieses Überangebot immer auch eine Entscheidung für das, was einem in diesem Moment als das jeweils Wichtigste – oder auch Liebste – erscheint. Und das Ganze wird nochmals überlagert durch eine Reihe von unerwarteten persönlichen Begegnungen, mit Kollegen, ja, mit Freunden, deren Gegenwart man in diesem Moment an diesem Ort nicht erwartet hatte. Und: Mit Menschen, die man schon seit langem aus dem aktiven Gedächtnis verloren hatte und die mir nichts dir nichts vor einem stehen – und Dich mit Deinem Namen ansprechen.

I.

Und so geht es auch gleich los: Schon beim Eingang zum Pressezentrum ein Kollege, der sich viele Jahren mit dem (Be-)Schreiben von EDV-Software einen Namen gemacht hat – und dennoch davon heute kaum noch sein Leben und das seiner Familie finanzieren kann.

Es dauert nur wenige Minuten und wir können wieder so offen miteinander reden wie vor Jahren: und sein Reden geht darüber, dass es Momente gegeben habe, in denen er darüber habe nachdenken müssen, ob es sich finanziell zur Absicherung seiner Familie gelohnt hätte, sich mit dem Wagen mit möglichst todbringender Wirkung an einen Baum zu setzen… Inzwischen hätte er – per Zufall – einen Ausweg gefunden: er schreibt Bedienungsanleitungen für die Nutzer schwerer Werkzeugmaschinen. Das sei anspruchsvoll, die Texte würden wirklich gelesen, dabei sogleich auf ihren Nutzen hin überprüft und darüber hinaus würde die Arbeit auch noch gut bezahlt werden.

Und während wir so miteinander reden, findet sich ein gemeinsamer Bekannter ein und gesellt sich zu uns. Er hat sich sehr früh um die Umsetzung von audiovisuellen und multimedialen Konzepten in konkrete Produkte gekümmert und auch schon in den USA gelebt, bevor er in den Dienst der Messegesellschaft eingetreten ist. Echt cool: so stellt sich über den zufällig wiederentdeckten Kollegen zugleich ein weiterer Kontakt – wieder – her, der sich durch den erneuten Umzug des Ansprechpartners in die USA in den letzten Jahren verloren hatte.

II.

Im Verlauf dieser Gespräche und Begegnungen hatten an anderen Orten schon andere Themen ihren Aufschlag gefunden:

—  Der vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels veranstaltete Empfang im „Forum Zukunft“, der gemeinsam vom BuchCamp, von proTYPE und der Zukunftskonferenz veranstaltet wird (4.0 | D1362) [1]

—  Die Präsentation der Projekte zum strategischen Forschungsmanagement der Elsevier-Gruppe (auf der „Sparks-Stage | B 400 in Halle 4.2) [2]

und der

—  Champagner-Empfang für Presse und Freunde des Vielflieger-Verlags (Halle 3.0 | C 103) [3]

Danach entfällt für den Autor dieses Textes die Diskussion über die – mehr oder weniger – erfolgreichen Self-Publishing-Strategien im Zukunfts-Forum als auch die Teilnahme an dem bereits am Tag zuvor zitieren D-Radio-Journal am Vormittag mit Benjamin Hammer zum Thema: „Digitale Revolution? E-Books und ihre Lesegeräte.“ Und sogar die Vorschau auf das Programm des Ehrengastes Brasilien 2013 wird „geschwänzt“, weil zum gleichen Zeitpunkt die seit Urzeiten bekannte Firma GENIOS ihren neuen „Media Monitor“ vorstellt, der jetzt auch in der Lage sein soll, ihren zahlenden Nutzern einen Überblick über die Themen und Trends zu vermitteln, die gerade in den wichtigsten Sozialen Netzwerken – von google + bis twitter – diskutiert werden.

III.

Das ist wirklich ein interessantes Aufeinander-Zugehen, das sich da bemerkbar macht: Während am Abend zuvor Sascha Lobo und Kathrin Passig ihrem neuen Buch entsprechend über Fluch und Segen des Internets reden – und erklären, nun auch bereit zu sein, jenen zuzuhören, die nach wie vor mit diesen Neuen Medien nichts am Hut haben wollen, werden von den traditionellen Netzbeobachtern - wie zum Beispiel der Firma GENIOS - auch jene angesprochen, die möglicherweise bis heute selber noch nicht in einem oder gar mehreren dieser interaktiven sozialen Foren Mitglied sind, aber mehr darüber erfahren wollen.

Wer will, kann sich das alles nochmal im TV-Mitschnitt anhören, was am Mittwochabend, 10. Okt., ab 17:30 auf dem „Blauen Sofa“ gesagt wurde, oder aber man schaltet sich rückblickend auf die 5-Jahre-Jubiläums-Sendung von Breitband vom Samstag zuvor ein, in der ihre Aussagen wesentlich präziser und prägnanter waren.

IV.

Aber nochmals zurück zu einer weiteren nicht zuvor geplanten Begegnung mit einer aus früheren Tagen schon bekannten Frau, die für das Marketing eines grossen international tätigen Wissenschaftsverlages zuständig ist. Da nach einer ersten Begrüssung und Ansprache zunächst ein Cappuccino und dann sogar ein Tisch mit Stühlen angeboten wird, kommt es alsbald zu einem sehr offenen als auch tiefgehenden Gespräch, das in der Frage gipfelt, wie lange es wohl dauern werde, bis dieser „Konflikt“ zwischen den Menschen aus der vordigitalen und der digitalisierten Zeit sich allmählich aufheben lassen werde. Und wir einigen uns alsbald darauf, dass dieser Prozess den Zeitraum einer ganzen Generation in Anspruch nehmen werde.

V.

Eine Stunde später kommt es zu einer weiteren unvorhergesehenen Begegnung in den Arealen des Bertelsmann-Konzerns. Die Idee, ein Buch in Deutsch und in Englisch zugleich in zwei Verlagen diesseits und jenseits des grossen Teichs verlegen lassen zu wollen, scheitert voll und ganz.

Nicht, dass es nicht einen Verlag gegeben hätte, der sich dieses Themas angenommen hätte. Aber dann so, dass er Text und Titel in Deutschland kauft, um ihn dann in Lizenz einem US-Partner anbieten zu können. Die Idee, dass ein Buch zu einem Thema zugleich zweimal geschrieben werden könnte – einmal für ein europäisches und ein zweites Mal für ein amerikanisches Publikum, fand Erstaunen, Interesse, ja Bewunderung, wurde aber aus Sicht der Angesprochenen als wohl kaum durchführbar dis-qualifiziert. Und das, obgleich die Konzeption, einen Titel für die unterschiedlichen Publika auch unterschiedlich anzulegen und auszuführen, durchaus Verständnis und – wenn auch oft zunächst verwunderte – Zustimmung fand.

Nach dieser Abfuhr kam es zu einem Gespräch mit einer gestandenen Vertrieblerin, die sogleich mehrfach betonte, für ein solches Thema nun wahrlich nicht die richtige Ansprechpartnerin zu sein, um sich dann doch deutlich zu engagieren und zu sagen: dass solch ein Spezialprojekt sich kaum in dem von ihr zu vertretenen Mainstream-Programm einbinden lassen könne. Schliesslich ginge es doch um den Mehrwert für den Verlag, der dabei herauskommen müsse, und der würde ihr in diesem Falle nicht auf der Hand liegen.

VI.

Am Ende des Tages kommt es zu einer weiteren unverhofften Begegnung dieser Art mit einem Verleger, der von sich behauptet, inzwischen 47 Mal auf der Buchmesse gewesen zu sein. Seine Argumentation – auf die auch am Folgetag nochmals verwiesen werden wird – ist die, dass heute der Mangel an Respekt gegenüber dem Wert und der Würde eines Werkes immer mehr an den falschen Sichtweisen eines überzogenen Controllings scheitern würde, oder an dem zum Korsett gewordenen Corporate-Communication-Konzept, das den Unternehmen keine Möglichkeit mehr lasse, sich noch als qualitätsbewusster und der Zukunft verpflichteter Partner ausweisen zu können.

Dass er seine Projekte überhaupt noch zur Vollendung führen könne, habe damit zu tun, dass es ihm gelänge, mit Anstand und aufrechtem Gang zu vertreten, was aus Sicht seiner Auftraggeber im Bereich der Konzerne und Holdings eigentlich nur noch als gezielte – wenn wohl auch unabwendbar notwendige – Narretei aufgefasst – und so auch nach aussen dargestellt werde.

VII.

Zwischenstrich

All diese Begegnungen haben – wie oben gesagt – den Konflikt zwischen oftmals zwei sich anbietenden Terminen dahingehend „gelöst“, dass letztendlich keiner von den beiden wahrgenommen wurde, da sich aufgrund von Begegnungen dieser Art der Zeitplan immer wieder neu verschob – und gestaltete.

Im Verlauf dieser Gespräche und Begegnungen sind weitere Veranstaltungen auf der Strecke geblieben, deren Besuch geplant war:

—  Die Gesprächs- und Diskussionsrunde des BIB e.V und der Buchmesse mit der Aufforderung: Zukunft gemeinsam gestalten (Halle 4.2, Raum Dimension)

—  Eine Veranstaltung zur Deutschen Digitalen Bibliothek wird mit der Frage verkoppelt: Fortschritt oder Stillstand – Erfolg oder Flop (Halle 2.2 P 457 – und am gleichen Ort:)

—  „An Introduction to The European Library“ – „The European Library s the libery aggregator for Europeana.“
—  Und die Präsentation von Florians neuem „Langenscheidts Handbuch vom Glück”

VIII.

Mit diesen ausgelassenen Opportunitäten sind wir gerade mal bis zum Mittag vorangekommen. Stattdessen waren die Entscheidungen stark vorgeprägt von dem jeweils konkreten Nutzen, die diese Ausführungen auf die weitere Arbeit haben könnten

—  „Flash to HTML5: A Roadmap to Successful Migrations“, eine Präsentation von John Wheeler, in der er letztendlich auch nichts anderes tut als deutlich zu machen, dass derzeit nur seine Firma SPi Global in der Lage sei zu leisten, was Google und Adobe mit ihren Programmen bislang nur versprechen, aber nicht zu leisten in der Lage seien.

—  „Projekt 1914 – 2014: Der Aufschrei für eine andere bessere Welt“. Mit einer Projektbeschreibung des Publikations-Vorhabens durch den Chef der Ernst-Bloch-Gesellschaft im kleinen Geviert des Thalheimer Verlags (Halle 3.1 A 103)

—  „Das Ganze und die Teile: Sammlung von E-Journals“ Eine Präsentation von der für die Technik verantwortlichen Frau bei der Deutschen Nationalbibliothek (Halle 4.2 P457)

In allen drei Fällen waren ganz konkrete und unmittelbare Interessen betroffen:

—  Die Wandlung der Flash-Filme in konsequent in HTML5-ausgelegten Präsentation wird sich über kurz oder lang auch als Aufgabe für die hier gerade genutzte Seite nicht verdrängen lassen. Zumal nach Apple nun auch das neue Windows 8 auf seinen Plattfomen die Flash-Programme verdrängt zu haben scheint. Derzeit im Angebot: „Google Swiffy“ und „Adobe lab“, aber jeweils mit gehörigen Einschränkungen.

—  Die Aufarbeitung der Geschichte und Geschichten über den ersten Weltkrieg – hier über den Aufbau und Einsatz der Militärfliegerei durch den Grossvater Wilhelm Siegert – und der dazu semantisch vergleichende Rückblick auf zehn Jahre dieser elektronischen Publikation „DaybyDay“ aus der Zeit von 2004 bis 2014.

—  Die nun auch technische Einbettung dieser Publikation in die Vorgaben der Deutschen Nationalbibliothek, die eigentlich schon seit dem 25. Januar 2005 durch die Vergabe der 2004 beantragten ISSN-Nummer hätte erfolgen sollen.

IX.

Soweit ein "kurzer" Einblick in einen langen Buchmessetag, der hier nur auszugsweise und ohne die Offenlegung weiterer geschäftlicher Interessensverfolgungen dargestellt worden ist.

[WIRD NOCH ERGÄNZT]

Anmerkungen

[1Als Teilnehmer an zwei von dreien dieser Veranstaltungen wäre das eine gute Gelegenheit zum „Networking“ gewesen…

[2Dieser Verlag ist einer der wenigen, der bereits in seinem Stand-Design ganz deutlich darauf hinweist, wie wichtig ihm die Zukunftsperspektiven für die weitere Arbeit, Zusammenarbeit und Zukunft des eigenen Hauses sind.

[3Keine Ahnung übrigens, wer oder was sich hinter diesem Namen versteckt. Allein es ist spannend, ab und zu auch einmal etwas Neues, Unbekanntes, Kurioses kennenzulernen. Und dieses wäre so eine Gelegenheit dazu gewesen…


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