Klausur oder „Präsi“?

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 4. April 2016 um 05 Uhr 44 Minuten

 

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„Präsi“ steht für „Präsentation“. Und ist eine von beiden Möglichkeiten, die im Verlauf eines Hochschulkurses erlernten Dinge wieder zu Protokoll zu geben, und dafür eine Leistung zensiert zu bekommen. Im Nachgang zu den grundlegenderen Überlegungen und Anregung zum Thema „Unterricht“ hier nun eine Geschichte, wie sie das Hochschul-Leben selber schreibt.

1.

Es geht um die Frage, ob die Abfrage und Darstellung einer Leistung am Ende eines Kurses in Form einer schriftlichen Prüfung oder aber in Form eines Vortrages erfolgen solle.

Dabei ist im Vorfeld im Verlauf der Vorbereitungen dieses Kurses aus den „Hochschulkreisen“ sehr deutlich zu vernehmen, dass es sehr viel Arbeitsökonomischer sei, eine Klausur anzubieten, als die Möglichkeit einer individuellen Ausarbeitung – als Einzelne(r) oder als kleine Gruppe – anzubieten.
Auf der anderen Seite ist der Gegenstand dieses Kurses – „Design Thinking“ – nicht gerade dafür angelegt, nun in Form einer Frage-Antwort-Session zur Darstellung gebracht und damit auch einer Bewertung zugeführt zu werden.

2.

Also werden ausführlich die „pro’s“ und „con’s“ beider Möglichkeit zur Darstellung gebracht, für diesen hier vorliegenden Fall konkretisiert und mit verschiedenen Variablen durchgespielt. Dabei entspannt sich auch – und das war das Ziel, diesen Prozess sogleich wie ein Mini-Modell der Design-Thinking-Methode erfahrbar zu machen – eine lebhafte Diskussion zwischen den Kursteilnehmern. Die Aufgabe des Dozenten ist es, diese immer wieder anzureichern und zu kanalisieren, in dem die dafür wichtigen Paramerter mit benannt und/oder die Anwesenden dazu ermutigt werden, ihre eigenen Paremeter mit zur Sprache gebracht werden.

3.

Dieser Diskussionprozess nimmt eine geraume Zeit in Anspruch, weil er recht offen und zum Teil sehr spontan geführt wird. Und dennoch gelingt es, nach und nach eine Tendenz herauszuarbeiten, die letztendlich dazu führt, dass sich jede [r] persönlich Stellung nehmen und sich entscheiden muss. Diesen Prozess nochmals in seinem Verlauf zu beschreiben und aus diese Beobachtung einige verallgemeinernde Hinweise abzuleiten, wäre reizvoll, aber dann wären wir wieder auf der Ebene der zuvor benannten Textes. Hier soll, wie schon gesagt, eine Geschichte erzählt werden, wie sie das Hochschul-Leben selber schreibt.

4.

Es geht um die Frage, wie diese Entscheidung mit jenen geteilt werden solle, die an diesem Kurs zu dieser Stunde nicht teilnehmen. Allein der Umstand, daran zu denken, es diesen Personen nicht nur mitteilen zu wollen, sondern diesen Diskussions-Prozess mit ihnen zu teilen, ist bemerkenswert. Und verdient der Unterstützung. Und diese Moment kommt schneller als erwartet: es stellt sich heraus, das alle Studis, die Anwesenden wie auch die Abwesenden Mitglied in ein und derselben WhatsApp-Gruppe sind. Und sie sich daher entscheiden, auch alle nicht Anwesenden auf diesem Wege unmittelbar in diese Diskussion mit einzubeziehen. Also: Kommen sie auf den Dozenten zu, drücken ihn eines der aktivierten Smartphones in die Hand, lassen ihn mit seinem Daumen den grünen „Button“ drücken, der sich damit vergrössert und signalisiert, dass alles, was jetzt gesagt werden wird, auch aufgezeichnet wird und damit sogleich danach allen Gruppenmitgliedern als Soundfile zur Verfügung stehen wird.

5.

Also wird diese Aufgabe, die beiden Alternativen zur Darstellung zu bringen, an den Dozenten zurücküberwiesen und dieser gebeten, diese auf diesem Soundfile nochmals komprimiert, klar und verständlich zur Darstellung zu bringen. Das gelingt. Und im Verlauf nur weiterer weniger Minuten kommen die ersten Rückmeldungen aus „der Cloud“ zurück. In weniger als einer Viertelstunden haben fast alle der nicht Anwesenden geantwortet. Und sich so aktiv an der Meinungsbildung beteiligt. So kommt die Gruppe zu einem letztendlich einhelligen Ergebnis. Und dort, wo es noch Bedenken gibt, wird dieses im persönlichen Gespräch im Nachgang zu der Veranstaltung erörtert.


BYOD
 [1]

Das Smartphone im Unterricht kann eben auch eine Bereicherung, oder wie in diesem Falle ein wichtiges Hilfsmittel sein, um auf aktuellen Herausforderungen adäquate Lösungen anzubieten, die von den Studierenden selber auf den Weg gebracht wurden. Mit ihren Smartphones. Und weil sie im Unterrichtsgespräch nicht nur zugelassen, sondern als „Enabler“ eines solchen Dialoges zwischen den An- und den Abwesenden genutzt werden konnten. Sofort. Und von Allen.

Wäre das auch durch das Einschalten des ebenfalls im Netz verfügbaren Lernportals der Hochschule möglich gewesen, selbst bzw. weil dieses angeblich das führende System seiner Art in Deutschland sei?