Banteay Chhmar "Homestay"

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 25. November 2017 um 09 Uhr 51 Minuten

 

Banteay Chhmar Homestay

0.

Wer sich im Bewusstsein um seine Verantwortung zur Förderung des ökologischen und bevölkerungsnahen Tourismus für eine „Homestay“-Buchung entscheidet, sollte schon vor Antritt der Reise jegliche Hoffnung auf Romantik fahren gelassen haben.

Dann kann das ganze Abendteuer zu einem beeindruckenden, ja beglückenden Erlebnis werden [1]. Worauf auch weiter unten nochmals ausführlicher eingegangen wird, aber dennoch sollte sie oder er wissen, worauf man gefasst sein muss - auch wenn die nachfolgenden Darstellungen nur diesen einen besonderen Moment dieser Tage beschreiben.

1.

Bei der Ankunft vor Ort ist die Hitze so gross, dass man nach dem Verlassen des noch klimagekühlten Wagens keinen Schritt mehr vor dem anderen setzen mag. Die Gastgeber zeigen zunächst einmal die für die Übernachtung bereitgestellten Räumlichkeiten und dort sodann auch gleich alle Familienmitglieder – auf ihren Fotos.

© SiP

Kaum wieder auf den unteren Teil des Stelzenhauses - weil es dort vielleicht nicht 37° sondern nur 35° warm ist, werden Dir die ersten Grundzüge der koreanischen Sprache zur Kenntnis gebracht. Dazu gibt es für die Fremdlinge eine eigene gut gemachte Fibel, aus der man auch Sätze lernen kann: „Nein, ich möchte kein scharf gewürztes Essen haben“ oder: „Haben Sie bitte eine Taschenlampe für mich“.

© SiP

Dass man sowas brauchen würde, zeigt dann auch der schnell hereinbrechende Abend. Denn nur diese mobile Lichtquelle gibt einem die Möglichkeit der Orientierung. Sollte man der Versuchung unterliegen, einige der wenigen Lichtquellen in Betrieb zu nehmen, kann man sich der vielen sogleich anfliegenden Tiere kaum noch erwehren. Für den Tag aber sind die ersten Höflichkeitsformeln noch wichtiger, ebenso die Frage nach dem Namen des Anderen und die Antwort, wie man selber heisst.

2.

Stunden später… Du kannst schon Dank des tatkräftigen Beistands des Gastgebers bis „zweihundert“ zählen, bis Du nun doppelt erschöpft in eine der Hängematten fällst. Auch sich daran einzunisten bedarf seiner Zeit des Ausprobierens und Lernens. Aber auch danach ist dennoch an Schlaf nicht zu denken.

© SiP

In der Nacht fällt dann der Schlaf über Dich her, weil Du einfach nicht mehr kannst.
Egal, ob Du zuvor die sogenannte Dusche mit viel Ungeziefer an den Wänden und einem grossen Frosch gleich neben Dir hast teilen müssen. Und das ist gut so.

3.

Denn mit dem ersten Sonnenlicht macht sich, ausser Dir, das ganze Dorf auf die Beine. Genauer: Kubota und Co. werden mit lautem Gedonner in Betrieb gesetzt. Schon bald ist die neben dem Haus liegenden Strasse ein nicht endenwollender Pilgerpfad vom Menschen und Maschinen, die sich auf den Weg in die Reisfelder machen [2].

Es ist gerade mal 6:40 Uhr. Du bist hellwach. Und doch zugleich noch zerschlagen von der vergangenen Nacht. Aber Du lernst, wie es zugeht, auf dem Lande: Aufstehen, wenn die Hähne krähen - was allerdings nicht wörtlich genommen werden darf, da diese schon Stunden zuvor noch in der pechschwarzen Nacht mit ihrem Spektakel aktiv wurden - und sich zur Ruhe zu begeben, wenn die Sonne hinter dem Horizont versunken ist.

4.

Also wird an dem ersten Tag eben dieses Ritual gepflegt: über einen kaum noch für Autos befahrbaren Weg bis an die Reisfelderwasserschleuse vorgepirscht und dort auf den Sonnenuntergang gewartet.

Anmerkungen

[1... so wie es auf der entsprechenden Website des Global Heritage Funds beschrieben.

[2Und genau dort, wo unser gastliches Haus steht, sind sogenannte „schlafende Genendarme“ in die Strasse eingelassen. Querrillen, die die Fahrer dazu anhalten, die Geschwindigkeit herauszunehmen, um diese Sperren ohne Gefahr für Mensch und Maschine überqueren zu können. Und jedes Mal, wenn die Gefahr langsam schleichend überwunden wurde, müssen die Fahrer wieder erneut Gas geben, um Tempo aufnehmen zu können. Was weiteren Motorenlärm zur Folge hat.


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