Nicht nur DLR sucht die Nähe zum Publikum

VON Dr. Wolf SiegertZUM Mittwoch Letzte Bearbeitung: 14. August 2018 um 00 Uhr 18 Minutenzum Post-Scriptum

 

0.

Ja, das ist schon spannend zu erfahren, was da alles auf einen zukommt, wenn man beginnt, sich um die Frage nach dem Dialog der Redaktionen mit ihren LeserInnen und HörerInnen zu kümmern. Axel Buchholz hat vor zwei Jahren in seinem Beitrag zum Springer-Buch über Radio-Journalismus vier "Ziele der Hörerbeteiligung" formuliert:

— Radio soll nicht nur Einbahnstraße vom Sender zum Hörer sein.
— Radio soll hörernah sein.
— Die Hörer‐Sender‐Bindung soll verstärkt werden.
— Hörerbeiträge sollen das Programm bereichern und interessanter machen.

Schon die letzten Einträge haben gezeigt, dass der Aufruf zur Teilnahme an der Denkfabrik des Deutschlandradios noch darüber hinausgeht. Aber das aktuelle Umfeld zeigt auch, dass diese Initiative in einem grösseren Zusammenhang der Veränderung / Erneuerung der Medienlandschaft zu sehen ist. Wofür hier exemplarisch zwei weitere Beispiele benannt werden:

1.

Der avisierte Wirtschaftsrat der Zeit titelt Ende Juli explizit: "Helfen Sie uns!" in der Absicht, sich in Zukunft von 12 LeserInnen und Lesern beraten zu lassen: Beraten Sie die ZEIT!. Da heisst es: "Wir wollen etwas Neues ausprobieren und suchen dafür Leserinnen und Leser, die Lust haben, regelmäßig mit uns zu sprechen." [1]

2.

In der Ausgabe vom 5. August 2018 des B5 MedienMagazins berichtet Günter Herkel zu Beginn einer neue Serie zum Thema: "Innovationen im Lokaljournalismus" über die Nürnberger Nachrichten und Nordwest-Zeitung Oldenburg darüber, wie diese beiden Redaktionen (wieder) die Nähe zu ihren LeserInnen - und damit ihrer Kundschaft - suchen: " Die Nürnberger Nachrichten probieren es mit einer Wanderung von Redakteuren durch ihr Verbreitungsgebiet, die Nordwestzeitung in Oldenburg setzt auf - Trecker" - und auf die Öffnung der Redaktionskonferenz für alle.

3.

Das 1998 gegründete "Zukunftsinstitut" spricht in einem Medien-Dossier von einem perfekten Sekundärmedium, das "so etwas wie „Hörerbeteiligung“ und „Radiodemokratie“ immer wieder versucht habe, aber dass dieser "Rückkanal nicht die Stärke des Mediums" sei, denn die "Motivation des Radiohörens besteht vor allem im Effekt der Unterkomplexität." Es sei "aus-evolutioniert" und stecke in einer Nische, da das "Radio als Identitätsbildung"s-Anstalt ausgedient habe. So viel also zum Thema Radio in Zeiten der Digitalisierung

Und mit der Programmreform des Deutschlandradios vom 21. Juni 2014 wurden auch die bis dahin ausgestrahlten "Nachtgespräche" [2] eingestellt. Während auf Landesebene mit Botschaften wie „Wir haben ein Ohr für Sie“, oder: „Uns interessiert, was Sie zu sagen haben – jeden Tag!" dem Sender weiteres Publikum abgezogen wurde.

Auch die einst in diesem Archiv noch vorgehaltenen Audiodateien sind schon lange nicht mehr zugänglich.

Und jetzt wird verkündet: "da capo al fine"! Was bitte, liebe Denkfabrikler, ist mit diesem "al fine" letztendlich angestrebt?

P.S.

Wie gut, dass alle Einträge dieses Tages schon am Vortag verfasst worden waren. Denn dieser Tag verging, ohne dass auch nur eine Stunde auf einer der drei "Wellen" des Deutschlandratios "gesurft" worden wäre. Stattdessen gab es an diesem Tag u.a. einen ausgedehnten Dialog mit einem langjährigen Freund im Vorgarten eines Italienischen Restaurants am Südstern in Berlin Kreuzberg. Das Beste, was man an so einem Tag hat machen können:

Anmerkungen

[1So gut diese Satz auch klingt, so bitter ist es festzuhalten, dass diese Idee heute, anno 2018, als "etwas Neues" deklariert wird (sic!)

[2unter der Rufnummer 00800 2254 225


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