Berlinale: Shooting the Mafia | Lapü

VON Dr. Wolf SiegertZUM Donnerstag Letzte Bearbeitung: 14. Februar 2019 um 18 Uhr 56 Minuten

 

Noch gibt es Berlinale-Karten im CineStar um 22:30 Uhr für

Shooting the Mafia
Irland/USA 2019, Italienisch/Englisch, dokumentarische Form, 94 Min, Europapremiere von Kim Longinotto, mit Letizia Battaglia

Hier in der Besprechung von Gabriele Leidloff, die dieser Produktion 4 von 5 möglichen Sternen zuweist:

Lange regierte die Mafia ungehindert, ihre Verbrechen waren für die Welt unsichtbar. Das änderte sich in den 1970er Jahren, als Letizia Battaglia als erste Fotojournalistin Italiens die brutalen Morde und den tiefgreifenden Einfluss der Mafia zu dokumentieren begann. Die Schwarz-Weiß-Bilder wirken zeitlos. Um aktiv gegen die Cosa Nostra zu kämpfen, ging Battaglia von 1985 bis 1996, zur Zeit der spektakulären Antimafia-Prozesse der Untersuchungsrichter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, in die Politik. Im Privatleben brach sie mit gesellschaftlichen Konventionen.

Letizia Battaglia zeigt sich reflektiert, direkt und verletzlich. Es verfolgen sie vor allem die Bilder, die sie nicht aufgenommen hat. Sie wollte ihr Archiv verbrennen, sodass niemand im Leid Schönheit erkennen kann. Mit Mut, ohne Angst vor dem Tod, stellt sie sich sowohl als Fotografin als auch als Politikerin dem Kampf gegen die sizilianische Cosa Nostra in Palermo und Corleone. Von ihrem Vater verschanzt, flieht sie charmant in ein freches und selbstbestimmtes Leben. Die Entscheidung der Regisseurin Kim Longinotto und ihrem Editor Ollie Huddleston, diese Jugend mit einschlägigen Filmausschnitten zu illustrieren, wirkt bemüht. Umso beeindruckender ergänzen abgeklammerte Szenen aus TV Reportagen und Interviews den politischen Umbruch. Ein gelungenes, sehr persönliches Porträt im Spiegelbild des organisierten Verbrechens. Dieser Film bietet auch eine Anregung, sich mit dem Ursprung und der Geschichte der Cosa Nostra/Mafia zu beschäftigen, die institutionell eingebunden ist, somit geschützt gegen Regierungen operiert und weiterhin international ihr mörderisches Handwerk treibt.

Auch für diesen FORUM-Film gibt es noch Karten für die Vorstellung ab 14:00 Uhr im
Delphi Filmpalast:

Lapü
Kolumbien 2019, Wayuunaiki/Spanisch, dokumentarische Form, 75 Min, Europapremiere, von César Alejandro Jaimes, Juan Pablo Polanco, mit Doris Gonzalez Jusayu, Carmen Gonzalez Jusayu u.a.

Gabriele Leidloff vergibt an diese Produktion 4 von 5 Sternen:

In einem Traum erscheint Doris ihre verstorbene Cousine, mit der sie einst viel verband. Es ist dies die Aufforderung, das wichtigste Ritual der Wayuu, einer indigenen Bevölkerungsgruppe in der kolumbianischen Guajira-Wüste, zu begehen: Um ihr letzte Ruhe zu gewähren, muss sie die Gebeine der Verstorbenen exhumieren, säubern und ein zweites Mal bestatten. César Alejandro Jaimes und Juan Pablo Polanco gemeinsam mit Doris Gonzalez Jusayu entwickelter Debütfilm findet dafür eindringliche Bilder.

Ein poetischer Film, der seine Protagonisten nicht voyeuristisch verfolgt, sondern sie beobachtet, ohne ihr Geheimnis zu verraten. Die Regisseure bieten dem Betrachter in einer für dieses Genre viel zu selten umgesetzten Form eine Möglichkeit, die Mentalität der Wayuu emotional zu erfassen. Über die komplex reduzierte, intuitive Bildsprache erschließt sich ein empathischer Blick auf Rituale, Identitäten und den Tod.


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