Und dann wird stattdessen die Preisverleihung...

VON Dr. Wolf SiegertZUM Donnerstag Letzte Bearbeitung: 12. März 2020 um 11 Uhr 29 Minuten

 

Und dann wird stattdessen die Preisverleihung im Radio durchgeführt: Im Deutschlandfunk Kultur. Was für eine gute Idee - und Netzpräsenz. Und was für eine bescheidene Erst-Aufführung [1]:

Nicht nur, dass es mit der Technik haperte, und das mehr als einmal, ohne dass jemand in dieser Situation wirklich eingegriffen hätte. Nicht nur, dass die Nachrichten um 10 Uhr mit der Uhrzeit "11 Uhr" angesagt wurden.... geschenkt. Was wirklich blamabel war, dass es sich so anhörte, dass sich die Redaktion, die Dramaturgie (gibt es sowas überhaupt in einem Sender), die Sendeleitung überhaupt keine Gedanken darüber gemacht hat, wie so was im Radio funktionieren könnte und wie nicht.

Dabei hat man sich sicherlich zuvor zusammengesetzt und gefragt und befragt, wie man dieses Kind wird schaukeln können. Und dennoch: Da wurde letztendlich dann doch gedankenlos - um nicht zu sagen ’lieblos’ - zusammengeschustert, was man so schon "von früher" im Ohr bzw. auf seiner Playlist hatte. Aber andererseits nichts davon konsequent eingesetzt, zu Ende geführt, oder auch mal ausgeschlossen.

Das ging von hochgradig improvisiert - ohne dass man dahinter eine Haltung oder ein Format hätte erkennen können - bis aus alter Gewohnheit standardisiert - ohne dass man hätte erkennen können, warum in diesem Moment diese Format noch wirklich Sinn gemacht hätte.

In der ersten Stunden werden ab 9:05 Uhr die Kandidaten vorgestellt, die Umschläge geöffnet, wird die Jury befragt und werden die Gewinner(Innen?) per Telefon ans Mikrofon geholt. In der zweiten Stunden dann Frauen, die lesen, die schreiben und forschen, in den Vordergrund gestellt.

Um 10:30 Uhr wird dann eine Rufnummer verlesen, damit auch das Publikum diese Frauen befragen kann, die 0800 2254 2254.

Aber hätte man da jetzt auch anrufen sollen, um solcherart von Kritik vorzutragen? Nein, dieses würde viel zu sehr ins Detail gehen, da jeder dieser hier aufgeworfenen Vorwürfe auch zu belegen wäre. Und damit würde man die anderen interessierten HörerInnen die Zeit und die Aufmerksamkeitskapazität der vorgeschalteten HörerInnen-Redaktion wegnehmen.

Und beim Nachdenken darüber, wie so eine Kritik vorzubringen wäre, wird plötzlich klar, sie sehr sich nach wie vor auch diese öffentlich-rechtlichen Kommunikationsagenten in ihrer eigenen Blase, in ihren eigenen Bezüglichkeiten bewegen. Mit durchaus auch selbstkritischem Blick auf das tägliche Geschehen und die Dinge, die vielleicht anders hätten besser laufen können - oder sogar sollen.

Und so wird dann halt die Sendung einfach abgeschaltet. Und die gute noch halbe verbleibende Stunde damit verbracht, diese Zeilen hier zu schreiben - und zu posten (und sogar ganz bewusst auf einen Titel zu verzichten - sic!).

Und dann auch dieses Thema abzuschliessen: Denn jetzt sind zwei wertvolle Vormittagsstunden vergangen, die eigentlich für die berufliche Arbeit dringend hätten eingesetzt werden sollen. Die man einerseits als interessierter Hörer gerne an dieser Stelle eingesetzt hat, um diesen Menschen zuhören zu können - und zu dürfen. Und die man andererseits bereut, da letztendlich die RadiomacherInnen es nicht vermocht haben, sich angesichts dieses besonderen Momentes einer Preisverleihung im Radio - was etwas anderes ist als eine Radiopreisverleihung - auch etwas Besonderes, ja vielleicht bis dahin Einmaliges auszudenken.

So bleibt nur, sich über das Rascheln der zu öffnenden Umschläge gefreut zu haben - um dann selbst in einem solchen Moment mit Ernüchterung festzustellen, dass selbst dieses Geräusch hinter dem Mikro zunächst eher als Störung denn als Bereicherung empfunden wurde.

Leute, die ihr alle Profis seid - und das oft schon seit so vielen Jahren, die euch geistig genährt und wirtschaftlich ernährt haben - bitte versucht doch zumindest einen Moment lang zu begreifen, dass die Präsentation von Kultur im Radio auch damit zu tun hat, dass das Radiomachen selber eine Kulturtätigkeit ist, die immer wieder auf den Prüfstand gehört - und Chancen bietet für bis dato ganz und gar unerhörte Kreativität [2]

Anmerkungen

[1Bei dem Versuch, die Sendung im Netz nochmals nachzuhören, fällt auf, dass diese erst ab der dritten Verleihung-runde wiedergegeben wird - auch ein Fehler, oder eine ganz bewusste Entscheidung, die bereits auf ihre Weise versucht, mit den hier bemängelten Umständen umzugehen? WS.

[2... und wenn es jetzt doch noch eines Titels bedürfte, dann wäre diese anzulegen irgendwo zwischen Dada und "DaDaDa" :-) WS.


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