CeBITchen

VON Dr. Wolf SiegertZUM Montag Letzte Bearbeitung: 16. Januar 2015 um 00 Uhr 29 Minuten

 

Morgen, am 2. März 2010, öffnet die CeBIT alle vier Eingänge für das Publikum.

Während allenthalben von Seiten des Veranstalter ist, wie stolz man auf das in diesem Jahr Erreichte sei, kommt aus der publizistischen Ecke nur wenig Anerkennung für diese Leistung zurück.

In einem - ganz bewusst als "Kommentar" gekennzeichneten Text schreibt Thorsten Riedl heute in der Süddeutschen Zeitung von der CeBIT als einer "Messe zweiter Klasse" auf der nicht mehr die "Trends präsentiert" und die schon längst nicht mehr als Branchenbarometer funktionieren würde. Entweder seien sowohl die Themen als auch die Meetings längst ins Internet abgewandert, oder man würde sich längst mit klarer definierten Zielgruppen an anderen Orten treffen: von Berlin bis Barcelona.

Der vollständige Artikel lässt sich auf der Internetseite:

www.sueddeutsche.de/computer/424/504634/text/

nachlesen. Und es ist gut, dass sich die Kollegen einmal über den tagesaktuellen Tellerrand hinausschauen, zurückblicken auf den Start des "Centrum[s] der Büro- und Informationstechnik", das seit Beginn der 70er Jahre auf der Hannover-Messe auf- und dort ausgebaut wurde, bis es vor 25 Jahren zu einer Ausgründung als eine eigenständige Veranstaltung kam.

Damals, so berichten Zeitzeugen wie der Fraunhofer Chef Bullinger am Rande der PK seines Hauses, habe man sich im Beirat darauf verständigt, alle jene Themen auszulagern, in denen die EDV als ein eigenständiger und -wertiger Beitrag zur industriellen Entwicklung angesehen wurde.

Und der heute pensionierte CeBIT-Chef Lange sagt in seinem Rückblick am Abend der Eröffnungsveranstaltung, dass es damals ein entscheidender Schritt gewesen sei, dass man in jenen Jahren sich dazu entschieden habe, den gesamten IT-Sektor aus der Welt der Elektrotechnik herauszulösen und ebenfalls der neuen CeBIT zuzuschlagen.

Soweit, so gut.

Heute aber, so der Kommentar, habe nicht nur die Messe als Leitmesse ihren ersten Rang verloren, sondern auch ihre Attraktivität für die jungen Leute - was angesichts des aktuellen Nachwuchsmangels umso dramtischer sei.

Früher war die EDV das aufregend Neue - heute ist sie selbstverständlich.

Einst war der Rechner DAS Symbol des Fortschritts, heute tritt er immer mehr in den Hintergrund. Es ist fast symbolisch zu nennendes Exponat, dass in der Halle 8 eine lange Werkbank gezeigt wird, auf der Laptops nicht präsentiert, sondern auseinander gebaut und in ihre Einzelteile zerlegt werden.

Einst sei die IT- Welt als eine eigene Größe in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Heute ist sie eine sogannten "commodity" geworden. etwas, was so selbstverständlich ist wie das Wasser, das aus der Leitung kommt.

Bei einem Interview auf dem SAP-Stand wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass es das erste Mal sein, dass auf diesem Stand keine Computer mehr gezeigt würden, sondern ein Produktionsablauf an einem ganz konkret nachgestellten Arbeitsplatz.

Vielleicht wäre schon viel damit geholfen, wenn "man" endlich nicht mehr versuchen würde, die CeBIT nicht mehr als ein grosses Ganzes zu sehen.
Als ein solches ICT-Konglomerat kann diese Veranstaltung nur scheitern: Weil das Thema zu gross und zu selbstverständlich und zu umfassend geworden ist, dass es in seiner Gänze noch dargestellt werden könnte.

Die Situation ist von einem seltsam klingen Widerspruch geprägt. Die Messe ist gross geworden, als die ICT-Industrie noch als eine eigenständige Kraft noch in den Kinderschuhen steckte. Heute aber ist das Thema so gross, und so vielschichtig und viel fältig geworden, dass "der Rechner" als solcher immer mehr am Bedeutung verliert, während die Bedeutung der Summe aller Gewerke ins schier Unendliche gewachsen ist.

Man konnte eine Weltmasse für die ICT-Welt planen, ausgründen und zu ungeahnten Höhepunkten führen, solange sich die Intelligenz der Rechner sich noch jenseits des Menschen entwickelte und unterstützte.

Heute aber, in der Zeit in der "Arbeit" und "Leben immer mehr vernetzt sind und sich mit der umfassenden Vernetzung immer neue Perspektiven eines Lebens jenseits der Arbeit zu entfalten scheinen, stehen wir vor einer Revolution die mit der der Industrialisierung in ihrer Bedeutung vergleichbar ist - nur dass sie viel schneller und dennoch in ihren Ergebnissen unumkehrbar sein wird.


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