re;publica 19/I

VON Dr. Wolf SiegertZUM Montag Letzte Bearbeitung: 15. Mai 2019 um 09 Uhr 39 Minuten

 

Dieser Tag beginnt eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung mit einem sehr ausführlichen Briefing. Zuständige für uns alle ist die hier ganz bewusst nur im Profil abgebildete junge Frau, die uns schon in den letzten Tagen den Weg gewiesen hat. Ihr und dem ganzen Team schon an dieser Stelle einen herzlichen Dank für die engagierte Arbeit:

In diesem Jahr ist vieles anders: Daher wurde die Empfehlung angenommen, sich für die Eröffnung nochmals extra zu akkreditieren und schon "ab 8:30" anzukommen. Und das war gut so, denn die Drängelei, selbst auf den Presseplätze, wird zunehmend heftig. Das Protokoll hat sich mit sehr klaren Regeln etabliert. Dazu gehört auch die Regel: "Erste Reihe"-Fotos gibt es nur ganz zu Anfang für einen präzisen Moment. Stimmungsbilder von vorne sind nicht gestattet, der Bundespräsident darf aus einen Wegen nicht begleitet werden. Es ist inzwischen schon fast so, wie wir es aus dem Schloss Bellevue kennen, nur die persönliche Begleitung an den jeweiligen Sitzplatz fehlt noch.

Das Programm des ersten Tages wird auch in gedruckter Form ausgereicht. Und nicht nur online. Die Webseite https://19.re-publica.com/de gibt einen guten Einblick. Aber so eine schöne Schablone, auf der man, wie in der gedruckten Version, ersehen kann, wann was wo stattfindet, die fehlt. Und das ist gut so. Denn im entscheidenden Moment ist der Zugang zum im Prinzip offenen re_publica-WLAN nicht möglich. Die soeben zugesandte Mail mit dem PDF der Rede des Bundespräsidenten lässt sich nicht öffnen, und, und, und...
Es ist so wie inzwischen fast überall. Too big to fail, too nice to faint, too important not to write about....

Aber statt der üblichen Intro-Music gibt es diese Art von Wahlgesängen zu hören:

 [1].

Es ist Punkt 10:45 Uhr als das Licht verlöscht. Und der erste Applaus ertönt, bevor noch die Bühne bespielt wurde. Auf der Leinwand gibt es ein heftiges Tohuwabohu von den vielen Netzanwendungen zu sehen. Und mit dem Auftritt des Moderators ist die erste Geste... seine von unten nach oben Hand, die andeutet, dass er einen möglichst lauten Applaus hören will.

Und dann kommt "von den 4 CEO’s" - zwei von der re:publica und zwei von der MediaConvention - eine Applaus-Aufforderung, die es wert ist, kommuniziert zu werden: An alle die Helfer, die die Veranstaltung möglich machen.

Alles kann sich auch im Stream angeschaut werden und muss von daher hier nicht weiter kommuniziert werden.

Zu sehen sind danach die Ansagen von beiden Teams, wobei in der Art der Ansage sich schon deutlich unterscheidet. Und: Ein Aufruf des Mediaboards, sich an den Europa-Wahlen zu beteiligen. Denn jetzt wird es ernst: "In dieser Zeit brauchen wir mehr denn je Spielregeln." Und der Hinweis auf die Übertragung der Bühnen 6 und 7 im TV-Kanal ALEX. Dann kommen Alex Wolf und Markus Beckedahl auf die Bühne. Alex erläutert das Motto. Und den Versuch, die Veranstaltung gegen den Wunsch auf Verkürzung anzuprogrammieren. ES GIBT EINE BÜCHERTAUSCHBÖRSE.

Was man tun könne, um sich selber für das nächst Jahr zu bewerben. Die Tipps: Am Anfang sagen, worum es geht. Und zumindest den Titel richtig zu schreiben. Das bedeutet so, wie es jetzt auf der Bühne zu sehen ist, als "re;rublica19". Das Motto sei kein Ausschlusskriterium. Es gibt inzwischen 27 Bühnen. Und es gibt den Anspruch vor allem jenen eine Stimme zu geben, die sonst nicht gehört werden können.
Markus: Wie gehen wir mit der Marktmacht der grossen Unternehmen um? Und wie mit dem kaputten Internet? Und was bedeutet das Thema der Nachhaltigkeit? Das Thema "sustainable IT" ist endlich angekommen. Es folgt eine Live-Schalte ins Kühlhaus mit Tanja und Johnny. Ihr Engagement für die Jungen hat einen klaren Grund: "Die Bevölkerung Deutschlands ist die zweitälteste in der Welt" Und diese Alten entscheiden über die Zukunft der Jungen! Daraus abgeleitet die Forderung für ein Wahlrecht für die jungen Leute unter 18 Jahren.

Der Auftritt des Bundespräsidenten wird eingeleitet mit der Verwe eines Stadionsprechers: "Das sieht gut aus von hier oben" und fährt fort: Es ist nicht die Etikette, die uns zusammenbringt, es ist die Sache. Das Motto sei ein Weckruf gegen die Verkürzung der Argumente. Das Thema sei die Debattenkultur in der Demokratie: "Wer Nebensätze nicht zum Feind erklärt, der hat den Bundespräsidenten zum natürlichen Verbündeten." Aber Verknappung an sich ist auch nicht das Ende aller Dinge: "Am Telegraphieren ist Preussen nicht zu Grunde gegangen." Es geht nicht um die Frage, ob "das Netz" nun etwas gutes sei oder etwas schlechtes. Es ist heute ein fester Bestandteil der Demokratie geworden. Und nicht abgetrennt von diesen herkömmlichen Formen. Denn "Wir haben nur diese eine Demokratie, meine Damen und Herren!" - damit ist Steinmeier wieder in seiner staatstragenden Rolle angekommen.

Warum aber verändern sich die Debatten geradezu "toxisch"? Es geht um Vernunft und Zivilität, die es zu stützen gilt. Diese sind die Währung einer guten Debatte. Das Fundament aber dazu sind die Regeln (sagt er mit Verweis auf die Ansage von Anja Zimmer von der mabb): Und das ist das Grundgesetz. "Neue Freiheiten brauchen neue Regeln." Das sei inzwischen auch im Silicon Valley angekommen. Das Platzieren von politischen Botschaften zwingt dazu, auch Gesicht zu zeigen. Die demokratischem Mehrheiten dürfen sich von den "hatern" nicht zurückziehen. Es folgt ein Dank an all jenen "lieben Gäste", die dafür kämpfen.

Der Schritt vom vernetzt-Sein zum verbunden-Sein ist entscheidend für die Aufgabe der Demokratisierung des Digitalen. Das Lob des langen Arguments ist wichtig. Zum Abschluss kommt der Wunsch auf "lange und erfolgreiche Debatten."

Nach der Rede kommt die Entscheidung, der nachfolgenden Keynote zu lauschen oder aber im Pressepool auf den Rundgang des Bundespräsidenten zu warten. Heute auf der re;pubica erstmals die Entscheidung getroffen, an dem Pool-Termin teilzunehmen. Das Ergebnis war eine persönliche Begrüssung, ohne dass der Tross dadurch zu lange aufgehalten worden wäre. Und die Begegnung mit mehreren Bekannten aus den Stäben der verschiedenen Ämter. Auch diese waren zunächst ebenso unerwartet angenehm.

Ja, zumindest ein Foto aus dem Pool wird dann noch gemacht. Und danach gewartet, bis der ganze Trupp wieder weitergezogen ist. Danach die Entscheidung, sich mit jenen Menschen zu unterhalten, die zuvor ihr Plastik-Müll-Thema der Politik versuch haben, nahe zu bringen. [2]

[INTERVIEWS folgen...]

Nicht besetzt war während dieser ganzen Zeit der c’t-Stand in der unmittelbaren Nachbarschaft. Schade, denn dort kann man auch als ungeübte Nutzerin, als ungeübter Nutzer eine Software einspielen und instruieren lassen, über die man seine Mailnachrichten zertifizieren und/oder auch verschlüsseln kann.

Und hier die "offizielle" Zusammenfassung des ersten Tages:

re:publica 19: Die Highlights von Tag 1

Berlin, den 06. Mai 2019 - Die re:publica 19 ist heute erfolgreich in Berlin gestartet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnete mit einer Rede Europas größte Konferenz zu den Themen Internet und digitale Gesellschaft, die in diesem Jahr unter dem Motto tl;dr [too long; didn´t read] zum dreizehnten Mal in Berlin stattfindet.

Am heutigen Montagmorgen eröffnete Frank-Walter Steinmeier als erster Bundespräsident in der Geschichte der re:publica die Veranstaltung mit einer bewegenden Rede. „Wenn uns die Zukunft dieser Demokratie am Herzen liegt, dann müssen wir uns um die politische Debattenkultur im Netz gemeinsam kümmern! Für diesen Impuls danke ich den Macherinnen und Machern der re:publica ganz ausdrücklich”, sagte Steinmeier. „Die Demokratisierung des Digitalen – das ist die drängendste Aufgabe!“, so Steinmeier weiter.

Unter dem Motto tl;dr [too long; didn´t read] widmet sich die re:publica in diesem Jahr dem Kleingedruckten. Den Fußnoten. Der Kraft der Recherche, dem Wissen und der Kontroverse. Der Notwendigkeit und Dringlichkeit, die Themen kritisch zu hinterfragen, die polarisieren, uns spalten – oder auch vereinen. „Dieses Motto ist ein Weckruf an die politische Debattenkultur - eben nicht nur im Netz, sondern ganz allgemein“, sagte Bundespräsident Steinmeier in seiner Rede. „Ein notwendiger Weckruf, wie ich finde, gegen den Zeitgeist von Verkürzung und Vereinfachung“.

Für Begeisterung sorgte auch in diesem Jahr das Design der re:publica 19. Wie immer wurde es bis zur Eröffnung geheim gehalten und erst zum offiziellen Start am Montagmorgen enthüllt. Ganz im Sinne des Mottos kommt es in diesem Jahr gänzlich ohne Bilder aus. Es beschränkt sich auf Text; schwarz auf weiß, pedantisch, objektiv und dabei auch ein bisschen komisch und findet sich an allen Orten der Veranstaltung wieder. Das Highlight ist eine 480 Meter lange Stoffbahn mit dem gesamten Text von Herman Melvilles „Moby Dick", die sich durch die Hallen der STATION Berlin erstreckt. Im Innenhof der STATION Berlin befindet sich ein Kubus aus 8 Tonnen Papiermüll und spiegelt damit das diesjährige Schwerpunktthema Nachhaltigkeit auch im Design wider.

#rp19 | Tag 1: Das waren die Highlights

Im Anschluss an die Begrüßung durch Mitbegründer und Geschäftsführer Andreas Gebhard, re:publica-Direktorin Jeannine Koch, Mitgründer Markus Beckedahl und Programmleiterin Alexandra Wolf sowie der Live-Schalte ins Kühlhaus zu Tanja und Johnny Haeusler (Mitgründer*innen re:publica und Gründer*innen TINCON), die dort im Rahmen von „Next Generation“ parallel die digitale Jugendkonferenz TINCON eröffneten, begeisterte die kenianische Forscherin Nanjira Sambuli, die bereits die erste re:publica Accra im vergangenen Dezember in Ghana eröffnete, mit ihrer Opening Keynote. Ihr Appell: „Wir dürfen uns nicht zufrieden geben mit der tl;dr-Kultur als einzigen Ausweg.“

Unter dem Titel „re:publica Next Generation“ werden im Kühlhaus bei der STATION erstmals neue Formate und Kooperationen mit und von Jugendlichen sowie dem Schwerpunkt Bildung und Ausbildung vorstellen. Zur Jugendkonferenz TINCON, die zum ersten Mal zeitgleich und im Rahmen der re:publica 19 stattfindet, haben sich rund 1.500 Jugendliche angemeldet, um über die Themen Games, Code, Netzpolitik, Medien, Gesellschaft, Aktivismus, Entertainment, Community und Identität zu diskutieren.

TINCON-Gründerin Tanja Haeusler: „Wir wollen junge Menschen nicht nur zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe inspirieren und befähigen, sondern die Öffentlichkeit auch für die Anliegen der jungen Generation sensibilisieren. Aktuell erleben wir, dass junge Menschen für ihre Interessen auf die Straße gehen. Die öffentliche Wahrnehmung steigt. Aber es gibt neben Klimaschutz und Artikel 13 noch viele weitere Themen, die Jugendliche beschäftigen und die auch für Ältere interessant sind. Wir wollen den Dialog zwischen jüngeren und älteren Netzaktivist*innen und gesellschaftspolitisch Interessierten fördern. Es ist überwältigend, dass bereits heute so viele Menschen gekommen sind, um mit uns über diese Themen zu diskutieren. Das zeigt uns, dass die re:publica dafür bestens geeignet ist."

re:publica-Mitgründer Markus Beckedahl warf in seiner Keynote „tl;dr – Digital war mal besser“ einen kritischen Blick auf aktuelle und zukünftige netzpolitische Debatten. Die Politikerin Sigi Maurer zeigte patriarchalische Muster auf: In ihrer Keynote erzählte sie ihre skurrile Geschichte, wie sie sich gegen sexistische Hassnachrichten wehrte und dafür verurteilt wurde. Fotograf und Künstler Wolfgang Tillmans sprach sich in der Diskussion „The Arts and Europe“ für ein diverses und starkes Europa aus. Und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil debattierte in der Denkfabrik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) mit jungen Engagierten über das Thema „New Generations – New Politics“. In den neuen #rp19-Locations B-Part Am Gleisdreieck und im Museumspark des Deutschen Technikmuseums fanden interaktive Workshops und Yoga-Sessions statt, die von den Teilnehmer*innen bereits am ersten Tag begeistert angenommen wurden.

Bei der Closing Session des „Day of the Podcast“ auf der Lokschuppen Stage (Museumspark) diskutieren Richard Gutjahr und Michél Knecht (MacSnider) zum Thema „Digital und Online vor zehn Jahren“. Um 20 Uhr erzählt der Künstler Arne Vogelgesang in seiner Lecture Performance „Flammende Köpfe“ mittels Vlogs, Musik, dokumentarischem Material und einem wachsenden Chor von Avataren die noch junge Geschichte rechter Wortergreifung im Netz. Traditionell wird Sascha Lobo heute mit seinem „Realitätsschock” das Programm auf Bühne 1 beenden. Danach können sich die Teilnehmer*innen auf das Abendprogramm freuen – u.a. mit Live-Musik von Everything and Everybody und Pari San sowie der traditionellen Community-Karaoke-Party mit CherrYO!kie – und noch bis spät in die Nacht den ersten re:publica-Tag ausklingen lassen. .