DAS THOMAS MANN HOUSE IN PACIFIC PALISADES

VON Dr. Wolf SiegertZUM Mittwoch Letzte Bearbeitung: 19. Januar 2020 um 12 Uhr 46 Minutenzum Post-Scriptum

 

BERLIN| 15. Jan. 2020 | 20:00 Uhr

„SO WOHNEN WIR NUN IN EINEM MODERNEN HAUS. WIR MÖGEN ES DENNOCH.“ DAS THOMAS MANN HOUSE IN PACIFIC PALISADES
VORTRAG VON HEIKE CATHERINA MERTENS

Eintritt: 5 € / Schüler und Studierende frei
ORT | Buchhandlung „Der Zauberberg“, Bundesallee 133, 12161 Berlin

1941 beauftragte Thomas Mann den Architekten Julius Ralph Davidson, einen der Hauptvertreter der kalifornischen Moderne, mit dem Bau eines neuen Hauses am San Remo Drive in den Hügeln von Pacific Palisades. Hier lebte er mit Katia von Februar 1942 bis zu seiner Rückkehr nach Europa 1952 und schrieb die Romane "Joseph, der Ernährer", "Doktor Faustus" und "Der Erwählte". Aus dem kalifornischen Exil heraus wandte sich Thomas Mann auch über die BBC in seinen Radioansprachen an ‚Deutsche Hörer!‘ und setzte sich intensiv mit Fragen nach den Wurzeln des Faschismus, nach demokratischer Erneuerung, Freiheit, Migration und Exil auseinander. Diesem Geist ist das Thomas Mann House nach seiner Eröffnung 2018 als Residenzhaus und Debattenort heute verpflichtet. Der Vortrag stellt die Geschichte des Hauses von seiner Entstehung bis zur heutigen Nutzung vor.

Um telefonische Voranmeldung wird gebeten: 030 56 73 90 91

In 1941 Thomas Mann hired the architect Julius Ralph Davidson, one of the major representatives of California Modernism, to build his house on San Remo Drive in the hills of Pacific Palisades. He lived there with Katia from February 1942 until his return to Europe in 1952. He wrote the novels "Joseph, the Provider", "Doctor Faustus" and "The Holy Sinner" in that residence. From his Californian exile, Thomas Mann addessed a German radio audience via BBC, and tackled questions about the roots of fascism, democratic renewal, liberty and exile. This is the spirit that reigns after the opening of the house as a residence and venue for dialogue in 2018 . Heike Catherina Mertens will talk about the history of the house from its beginnings to its current designation.

Please register by calling 030 56 73 90 91

Eine Veran[s]taltung des / An event by Thomas-Mann-Kreis-Berlin, Ortsverein der Thomas Mann-Gesellschaft Deutschland

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Dieser Abend war besonders. Denn dem Autor dieser Zeilen gelingt es dieses Mal, nicht nur rechtzeitig, sondern frühzeitig in der Buchhandlung seines Vertrauens einzutreffen, dort, wo er vor vielen, vielen Jahre Kunde war, als er noch in Friedenau lebte, in der Schwalbacher Strasse, um genau zu sein.

Die Vorab-Anmeldung führte sogar dazu, dass die Gäste alle einzeln in die für diesen Abend aufgestellten Stuhlreihen "platziert" wurden. An jedem Stuhl in den vorderen Reihen war der Name der vorangemeldeten Person auf der Rückenlehne angeheftet worden.

Whow!

Gleich zwei weitere Whow-Effekte stellten sich im Verlauf des Vortrages ein. Und das in Folge von zwei jeweils nur kurz eingeworfenen Anmerkungen: der Wandel von Thomas Mann vom Monarchisten zum Demokraten. Und die Mühen der Ebenen der Demokratie-Vermittlung in dem ganzen grossen Amerika jenseits der West- und der Ost-Küsten.

 Frank-Walter Steinmeier auf der Konferenz "The Struggle for Democracy" anlässlich der Eröffnung des Thomas-Mann-Hauses am 19. Juni 2018 in LA:

In der späten Kaiserzeit begegnet uns Thomas Mann als aufgeklärter Monarchist mit linksliberalen Tendenzen. Er feiert die Freiheit des Wortes, er wettert gegen die Zensur, gegen Aufführungsverbote von Wedekinds Dramen, er verteidigt den Anarchisten Erich Mühsam; veröffentlicht in Eduard Bernsteins sozialdemokratischen Sammelbänden; und im oft übersehenen zweiten Roman "Königliche Hoheit" entwirft er eine erste, noch monarchisch, romantisch, märchenhaft getönte Sozialstaatsvision.

Und es drängen sich Erinnerungen an die Vita des Grossvaters Wilhelm Siegert auf. Einer DER Kaisertreuen überhaupt, der sich dann, mit allen Ehren und Orden aus dieser Zeit ausgestattet, nach dem Krieg für die Abschaffung all dieser Ehren- und Ordens-Zeichen ausgesprochen hatte.

 Frido Mann - im Januar am 21. und 22 in München zu hören - in seinem Buch Das Weiße Haus des Exils, 2018 Frankfurt am Main, in dessen Vorspann auf den Seiten 16f. diese Zeilen zu lesen sind:

Jetzt, an die siebzig Jahre später und in einer weltweit
kaum weniger gefährlichen Zeit als damals, hat die deutsche Bundesregierung dieses einstige »Weiße Haus des Exils« zu einer transatlantischen Begegnungsstätte umgewidmet. Dort soll ein von Experten geführter interdisziplinärer Austausch den konflikthaften Polarisierungen zwischen Europa und den USA entgegenwirken und die Fundamente der Demokratie erneuern und festigen. Ein besonderes Gegengewicht soll das Residenzprogramm dieses Hauses wohl auch gegen die gegenwärtige hochproblematische Administration und präsidiale Führung der USA setzen. Diese Führung stellt das Spiegelbild eines Landes und seiner jahrzehntelangen schwierigen Entwicklung dar und zeugt von dem kritischen Zustand, in dem es sich sowohl in politischer als auch geistig-kultureller Hinsicht befindet. Dies wiederum verlangt besondere Gesprächsbereitschaft und kommunikative Kompetenz aller Counterparts.

Das bedeutet konkret, die Reisen, die einst sein Vater und jetzt auch er durch die USA unternommen hatten, um cora publica für die eigene Person ebenso einzustehen wie für die Demokratie in seinem Lande, diese Reise ein drittes Mal durchzuführen. Dabei auch an jene Orte zu fahren, an denen sie schon gewesen waren, die Menschen zu fragen, die ihnen zugehört hatten; und das Gespräch mit jenen zu suchen, die sich dieser Botschaften verweigerten: Raus aus der gutmenschlichen Wohlfühlzone und im Dialog mit jenen, die nicht dem äusseren Selbstbild entsprechen: der Spezies des ergrauten, weissen Mannes aus (gut)bürgerlichen Kreisen.

Den Tenor einer solchen Haltung hatte Mann 1942 so begründet:

Ich lebe lange genug in Amerika, um der Schwächen, Gebrechen, Gefahren seiner Demokratie gewahr geworden zu sein. Ich weiß sogar, dass die Giftstoffe, die Europa zersetzten, auch in seinem Organismus ihr Wesen treiben und dass sie nicht ohne alle Aussicht auf Erfolg seinen Siegeswillen lahmzulegen versuchen.

Jetzt warten wir gespannt auf das Erscheinen von AUF DEN PALISADEN. AMERIKANISCHES TAGEBUCH am 10. März 2020. So wird aus den vor Ort in den USA entstandenen Blog-Einträgen “Fragments of a Sunny Season” von Andreas Platthaus - die unter dem Link: https://medium.com/vatmh/archive leider nicht mehr zu finden sind - Literatur.

P.S.

I.

Einträge, die damit im Zusammenhang stehen:

Über den Grossvater Wilhelm Siegert:
 ILA 2016 würdigt 125 Jahre Menschenflug
 "Ihr Glücklichen an und vor der Front!"
 Parcours rallye Allemagne 2013
 WWI in 14 (+1) Tagebüchern
 History, Memories & Serendipity

Über den Start der Ausschreibung für 2021:
 VA - TMH : auf zur nächsten Runde

Über den Start der Ausschreibung für 2020:
 A New Years’ Application

II.

Über die Zukunft des durch neue Technologien gefährdeten Demokratie-Modells spricht Marietje Schaake am späten Sonntagvormittag, den 19. Januar 2020, auf der DLD-Conference in München und sagt im Zusammenhang mit dem Titel-Thema Disruption & Trust im Verlauf ihres Vortrages dieses:


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