... hat heute Geburtstag. Und mit ihm im gleichen Monat April das "bundesweiten Magazin für Fankultur", das im April 2020 von Reinaldo Coddou H. und Philipp Köster in Berlin aus der Taufe gehoben wurde. Der Name:
Auch Littbarski wurde in Berlin geboren, 40 Jahre vor der Gründung der Zeitschrift, in der sein Leben jetzt wie folgt stenografisch zusammengefasst wird:
Wurde am 16. April 1960 in Berlin geboren. Zwischen 1978 und 1993 stand er 406 Mal für den 1. FC Köln auf dem Platz, 1983 schoss er seinen Klub im Finale gegen Fortuna Köln zum DFB-Pokal-Triumph. Nach zwei Vizetiteln 1982 und 1986 wurde »Litti« 1990 Weltmeister. 1997 beendete er seine Spielerkarriere in Japan und wurde Trainer. Nach Stationen in Yokohama, Leverkusen, Duisburg, Sydney, Fukuoka, Teheran und Vaduz landete er schließlich 2010 beim VfL Wolfsburg, für den er heute zunächst als Co-Trainer anfing, dann Chefscout wurde und nun im Marketing arbeitet.
Das am 10. April 2020 erstmals online zugängliche Interview wurde mit dem Satz überschrieben:
„In Japan wurde ich neugeboren“
Die eigene hohe Affinität zu diesem Land und seinen Leuten - siehe das Ende dieses Beitrages - gibt Anlass, aus diesem Interview diesen Teil an dieser Stelle zu zitieren:
Warum sind Sie 1993 nach Japan gegangen?
Schon 1992 bekam ich ein Angebot von den Urawa Red Diamonts, aber das lehnte ich ab. Im Frühjahr 1993 meldete sich dann mein ehemaliger Mitspieler Yasuhiko Okudera bei mir, der beim Aufbau der neugegründeten „J‑League“ mithalf und mich zu JEF United Ichihara locken wollte. Ich sagte: „Oki, was soll ich denn da? Ich mag keinen Fisch, ich mag keinen Salat – ich werde dort verhungern. Ich weiß noch nicht mal, wo Japan genau liegt!“ Er antwortete mir: „Wenn du einmal hier bist, wirst du es lieben.“
Und Sie stiegen sofort ins nächste Flugzeug?
Es dauerte, bis er mich überredet hatte. Schließlich sagte ich doch zu, auch, weil es mir in Köln nicht mehr gefiel. Fünf Monate waren zunächst abgemacht. Am 29. Spieltag sicherte ich mit zwei Toren gegen Nürnberg den Klassenerhalt und verließ den FC noch vor dem Saisonende. Mit zwei großen Koffern reiste ich nach Tokio, in einem waren Klamotten, in dem anderen Lebensmittel. Butter und Schokolade. Als ich ankam, waren es 40 Grad, meine Winterjacke zog ich aus, die Butter war geschmolzen. Dafür warteten 5000 Fans und Dutzende Journalisten auf mich. Ich war völlig geplättet, mit so einer Euphorie hatte ich nie im Leben gerechnet. Ich dachte nur: Woher kennen die dich?
Wann fassten Sie den Entschluss, in Japan zu bleiben?
Schon nach wenigen Tagen. Es war exakt so, wie es Okudera mir prophezeit hatte. Dafür ging meine erste Ehe in die Brüche. Meine Frau flog zurück nach Deutschland und blieb mit meinen Kindern dort. Es war eine harte Entscheidung, aber ich blieb in Japan. Wenige Wochen später lernte ich meine heutige Frau kennen. Sie zeigte mir ihr Land und machte mir die Eingewöhnung sehr leicht. Den Preis, den ich für dieses neue Leben zahlen musste, war hoch: Heute habe ich nur noch Kontakt zu einer meiner Töchter aus erster Ehe.
Sie wurden mit einer unglaublichen Begeisterung empfangen. Welche Blüten trieb dieser Hype um Ihr Person?
Unser Hauptsponsor, die japanische Eisenbahn-Gesellschaft, ernannte mich für einen Tag zum Ehrenschaffner, ich durfte den Bahnhof durch den Eingang der kaiserlichen Familie betreten und An- und Abfahrten leiten. Aus deutscher Sicht klingt das kurios, in Japan ist das eine sehr große Ehre. Bald schon konnte ich nicht mehr ohne Tarnung aus dem Haus gehen, mehrfach musste die Polizei eingreifen, um die Menschenmassen aufzulösen, wenn ich irgendwo einen Kaffee trinken wollte oder ein Fußballspiel besuchte.
Sie blieben acht Jahre in Japan, beendeten dort Ihre aktive Karriere, machten den Trainerschein und gründeten eine neue Familie – was faszinierte Sie an diesem Land?
Vor allem der Umgang miteinander, dieser Respekt, mit dem sich die Menschen behandeln. In Deutschland bildet man sich in Sekundenschnelle ein Urteil, häufig sogar ein Vorurteil, ohne den Menschen zu kennen. Die Japaner bilden sich ihr Urteil erst, wenn sie in Ruhe darüber nachgedacht haben. Ich sog die ganze Lebensphilosophie, das soziale und kulturelle Miteinander in mich auf. Felipe Scolari hat gesagt, ich sei ein Brasilianer. Aber er hatte Unrecht: Im Herzen bin ich scheinbar ein Japaner.
Wie hat Sie die Zeit in Japan verändert?
Ich bin dort neu geboren worden. Nicht, dass ich mit meinem bisherigen Leben unzufrieden gewesen wäre, aber in Japan fand ich neues Zuhause und eine innere Ruhe, die mich auch heute noch leitet und begleitet.
Die Tatsache, dass Pierre heute an diesem Tag Geburtstag haben würde, hat sich eigentlich erst am Abend zuvor per Zufall während einer Internet-Recherche zu einem ganz anderen Thema herausgestellt.
Aber dieser Zufall - Serendipity at it’s best - wird gerne aufgegriffen und angenommen, auch wenn es jetzt nicht mehr möglich sein wird, so kurzfristig noch ein Geschenk zu organisieren und zuzusenden.
Aber es gibt stattdessen dieses Versprechen:
Bei uns im Büro gibt es eine grosse Kaligrafie, in der einst ein japanischer Künstler schon in den 80er Jahren den Fall der Mauer vorhergesagt hatte:
Und dann gibt es die Einladung an Berlins bester Currywurst-Bude auf Rädern: Gabi’s Imbiss von Gabriela Maaß. Mehr dazu hier in einem rbb24-Portrait von Sylvia Tiegs vom 4. September 2019: "Currywurst geht immer".
Wir hatten Sie - schon vor Jahren - mit ihrem Wagen und der ganzen Mann-/Frauen-schaft eingeladen, um an die hundert Gäste aus Anlass eines eigenen Geburtstages zu verköstigen.
Was für eine gute und allseits hochgelobte Entscheidung!