Vor 70 Jahren: In 9 Tagen um die Welt

VON Dr. Wolf SiegertZUM Sonntag Letzte Bearbeitung: 7. März 2021 um 20 Uhr 40 Minutenzum Post-Scriptum

 

Eine Radio-Reportage... als "Epos": das Hörspiel von Ernst Schnabel [1] : Interview mit einem Stern. Die NWDR-Produktion aus dem Jahr 1951 wurde zuletzt an jeweils 4 Terminen im Deutschlandradio wiederholt: 2018 am 8., 15., 22., und 29. Mai und 2021 am 5., 12., 19., und 26. Januar.

Am 3. März 1951 startete Ernst Schnabel zu einem Flug um die Erde. Die Erledigungen der behördlichen Formalitäten hatten drei Monate in Anspruch genommen, er war gegen 99 Krankheiten geimpft worden, einschließlich der Pest. Und er war der erste Deutsche nach dem Krieg, dem es gelang, einen solchen Plan zu verwirklichen.

Sein Flug um die Erde war kein Wettlauf mit der Zeit, wie ihn Jules Verne beschrieben hat, sondern eher eine Zeitreise, denn die Erde hat nicht nur viele Namen, sie zerfällt auch in sehr verschiedene Regionen, die Jahrhunderte voneinander entfernt sind, obwohl man sie in wenigen Stunden mit dem Flugzeug überqueren kann.

Der Flug um die Erde führte Ernst Schnabel zunächst von Hamburg über Berlin nach München, wo der eigentliche Start am 7. März mit der Super Constellation „Golden Flies“ stattfand.
Die Stationen der Reise waren: Beirut, Kalkutta, Hongkong, Tokio, Wake Island, die US-Basis mitten im Stillen Ozean, Honolulu, San Francisco, Chicago, New York. Nach neun Tagen landete er am 16. März wieder in Hamburg.

Nicht einmal vier Wochen später waren die Originalaufnahmen geordnet und geschnitten, war das Manuskript geschrieben und das nahezu dreistündige Werk produziert. Der Rundfunk hatte einen Reporter bestellt und bekam ein Epos; eine Sendung, die an die literarische Tradition der mündlichen Überlieferung anknüpfte und die Literatur wieder zum Sprechen brachte.

Ernst Schnabel schrieb zu seiner Großreportage: „Ich bin im März um die Welt geflogen. In neuneinhalb Tagen. Die meisten Leute, denen ich davon erzähle, schütteln den Kopf und meinen, das sei ein völlig verrücktes Tempo. – Ich für meine Person hatte mir allerdings etwas dabei gedacht: Ich bin früher Seemann gewesen. Viele Jahre hindurch und auf allen Meeren. Aber gerade, weil ich so viel von der Welt kannte, drohte sie mir immer unter den Händen auseinanderzufallen, in Zonen, die sich miteinander nicht vergleichen lassen, und Kontinente, die sich gegenseitig nichts anzugehen schienen. Ich habe diese Gefahr, in der ich schwebte, immer deutlicher gespürt und mir immer gewünscht, einmal mit einem einzigen Flug um die Erde die Welt in meiner Vorstellung als heiles Ganzes wiederherstellen zu können.“

Sabine Küchler, Hörspielchefin des Deutschlandfunks, und der Regisseur Leonhard Koppelmann sprechen über dieses Hörststück: