Flash-back: ... flüchten - oder standhalten?!

VON Dr. Wolf SiegertZUM Mittwoch Letzte Bearbeitung: 17. März 2021 um 14 Uhr 39 Minutenzum Post-Scriptum

 

0.

Nachdem wir bereits am Vortag mit einem eher persönlichen Thema aufgemacht haben - Motorradfahren - die Vergänglichkeit erfahren † Tina - bietet sich an, im Nachgang auch heute in dieser Tonlage zu verbleiben und einen Text aus dem Stehsatz zu ziehen, der auf einen Fernsehfilm zurückblickt, der jetzt leider nicht mehr in der ARD-Mediathek zu sehen ist [1].

1.

Am Abend eines geschäftigen Tages bot die ARD-Mediathek-App den Zugang zu diesem Film an - und das bis Mitte Februar 2022:

Bhagwan - Die Deutschen und der Guru

2.

Der ’Zufall’ wollte es, dass unter diesem Bild des Gurus zwei Bilder von dem ehemaligen Konzentrationslager in Buchenwald zu sehen waren:

Hier der Titel dieses ab dem 8. Februar 2021 freigegebenen Filmes: Die geheimen Depots von Buchenwald.

Natürlich gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen diesen Lager-Bildern aus Buchenwald mit jenen aus Oregon. Und doch hat das Ganze eine unerwartete wenngleich zunächst Parallelität, die gegen Ende des erstgenannten Films in diesem Ausschnitt aus einem TV-Interview mit "Osho" Bhagwan Shree Rajneesh direkt zur Sprache kommt:

Mehr noch, das sagen am Ende jene, die den Führer geliebt, für seine Bewegung gelebt haben:

... das sind wir gewesen. Das war für mich der Mittelpunkt dieser ganzen Geschichte. Ja?! Und wir hatten etwas von uns selber anzugucken: Unseren eigenen Faschismus.

3.

Der Titel "flüchten oder standhalten..." steht mit einer persönlichen Erfahrung aus einer der vielen Versammlungen mit den potenziellen "Jüngern" in Europa im Zusammenhang, die im Verlauf dieser Veranstaltung angesprochen und ’eingeladen’ wurden, sich danach mit auf die Reise nach Indien zu begeben.

Selber Teilnehmer an dieser Veranstaltung kam es im letzten Moment zu der ureigenen Entscheidung, diesen Saal doch noch zu verlassen.

Danach hat sich lange, viele Jahre lang, die immer wieder die Frage gestellt, ob es nun ’richtig’ oder ’falsch’ gewesen sei, diese Entscheidung in diesem Moment und so zu treffen.

War dieser Weg aus diesem Saal in diesem Moment eine Flucht oder hatte ich einmal mehr einer dieser vielen Versuchungen standgehalten, mich mit der Menge gemein zu machen?

4.

Gegen Ende dieses Films ist Erstaunliches zu hören: wohl alle, die interviewt wurden, sagen aus, dass sie diese Zeit in Poona nicht hätten missen wollen, ja, dass es für sie die wichtigste, beste Zeit ihres Lebens gewesen sei:

Jetzt diesen Film betrachtend, kommt dennoch auch im Nachgang nicht das Empfinden auf, doch etwas verpasst zu haben. Es gibt kein Wiederaufkeimen des Zweifels, ob diese Entscheidung in jenem Moment damals ’richtig’ oder ’falsch’ gewesen sei.

Allein das macht diesem Film zu einem wichtigen Dokument der Zeitgeschichte, in dem auch zugleich die eigene Lebensgeschichte wie in einem Zeitraffer zusammenschnurrt.

5.

Über diese Empfehlung, sich in der nun noch verbleibenden Zeit selber diesen Film anzusehen hinaus, gibt es aber jenes Schlussdokument, in dem alle Protagonisten nochmals vorgestellt werden. Und zwar immer mit zwei Abbildungen. Ein Bild zeigt sie im Hier und Heute (auf der rechten Seite) und dem gegenüber aus jenen Tagen, über die in dem Film berichtet wird.

6.

In einem Beitrag vom 28. Juni 2008 über ein Klasse(n) Treffen in Bremen wurde dieses schon aus der Malerei bekannte Thema der Gegenüberstellung von Selbstporträts von ’damals’ und heute, hier zwei Beispiele von Louis und Valloton ...

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved
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... versuchsweise in zwei eigenen Aufnahmen nachempfunden:

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved
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Und es wäre mehr als nur fair, eine solche Gegenüberstellung in diesem ungewöhnlich persönlichen Beitrag auch mit zwei eigenen Fotos abzuschliessen.

[Also macht sich der Autor auf die Suche nach Bildern aus jenen frühen Jahren...]

P.S.

Von den hunderten von Artikeln und Texten, die in jenen Jahre in Deutschland erschienen sind, hier als pars pro toto DER SPIEGEL-Beitrag auf der Ausgabe 6/1984, der bislang immer noch unter dieser Überschrift und hinter diesem Link eingesehen werden kann: Bhagwan: Glaube und Mammon

Anmerkungen

[1Und daher - das sei hier selbstkritisch gesagt - schon zu einem früheren Zeitpunkt hätte veöffentlicht werden sollen.


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