Wahl-Nachlese

VON Dr. Wolf SiegertZUM Dienstag Letzte Bearbeitung: 28. September 2021 um 19 Uhr 31 Minutenzum Post-Scriptum

 

Mecklenburg-Vorpommern:

© B.L.

Berlin:

Bund:

BPB

Aus der fast überbordenden Zahl der Analysen dieser Rückblick auf die Online-Veranstaltung der Bundeszentrale für politische Bildung:

10 Uhr:
Die Titelseite heute Morgen! Journalistinnen und Journalisten im Gespräch.
Ferda Ataman, Journalistin, Spiegel-Kolumnistin
Helge Matthiesen; Chefredakteur General Anzeiger Bonn
Valerie Schönian, Autorin im Leipziger Büro der ZEIT

10:30 Uhr:
Nutzungsrekord Wahl-O-Mat – Prof. Dr. Stefan Marschall (Leiter Wahl-O-Mat-Forschung und Professor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) zieht eine erste Bilanz

10:45 Uhr:
So haben die Deutschen gewählt! Erste Einordnung durch Prof. Dr. Frank Decker (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn), Verfasser des bpb-Info-aktuell: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften...

11 Uhr:
So berichten Europas Medien über den Wahlausgang – eine erste europäische Presseschau mit Sophie Elmenthaler, Redakteurin von eurotopics (http://www.eurotopics.net)

11:15 Uhr:
Kampagnen-Bilanz – Juliana Stockheim (bpb) im Gespräch mit Julius van de Laar (internationaler Kampagnen- und Strategieberater)

11:40 Uhr:
Eine gute Wahl für die Generation U 30? Lea Willhoff (bpb) im Gespräch mit: Marvin Neumann, YouTuber ), Elif Bayat und Erik Jödicke (Mitglieder der Redaktion des Wahl-O-Mat) und Carla Reemtsma, deutsche Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin von Fridays for Future

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Die Redaktionen des Deutschlandradios versuchen in ihrer für den Montag von Dr. Marco Bertolaso zusammengestellten Presseschau aus deutschen Zeitungen "das Ergebnis der Bundestagswahl zu verstehen und die Folgen auszuloten".

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schaut dabei zunächst auf Olaf Scholz: „Bis vor wenigen Wochen schien die SPD im 15-Prozent-Keller gefangen zu sein. Dann unterliefen Annalena Baerbock und Armin Laschet jene Fehler, die viele Wählerinnen und Wähler zu der Überlegung brachten: Wollen wir uns dann nicht doch lieber von Olaf Scholz regierenlassen? Die große Frage war, in welch ein Ergebnis diese Überlegung münden würde. All das, was seit Jahren zur SPD analysiert worden war, ist ja nicht plötzlich falsch geworden: ihr struktureller Verlust bei Jungen, in Städten, bei Arbeitnehmern; das ewige Hadern der Partei mit sich selbst, was ihr eine Art politischen Mundgeruch verschaffte. Der Unterschied zwischen 2017, dem Schulz-Effekt, und 2021, dem Scholz-Effekt, ist, dass letzterer gehalten hat“, unterstreicht die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.

DER NEUE TAG aus Weiden wird deutlicher: „Scholz hat schlicht und einfach weniger falsch gemacht als seine beiden Haupt-Kontrahenten. Damit ist er für viele Wählerinnen und Wähler aus der politischen Mitte als kleinster gemeinsamer Nenner übriggeblieben. Oder, weniger charmant ausgedrückt: als das kleinere Übel.“

Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG interessiert sich für einen anderen Aspekt: „Für Olaf Scholz bringt die Trendwende auch Genugtuung gegenüber seiner eigenen Partei. Denn: Als Parteivorsitzenden wollten ihn die SPD-Genossen nicht haben. Das hat ihn damals ganz sicher tief getroffen. Nun hat er allen Zweiflern bewiesen, wie man sehr souverän bei den Wählern punkten kann,“ betonte die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle.

Nun zur Partei der bisherigen Kanzlerin. „Die Union ist im Eimer“, so beginnt die Tageszeitung DIE WELT und fährt schonungslos fort: „Nach einem beschämend schlechten Wahlkampf mit einem liebenswert unglücklichen Kandidaten und einer verunsicherten Basis muss die Union die Konsequenzen aus dem personellen und programmatischen Elend ziehen. Dass die verstaubten Granden Schäuble und Bouffier am Ende den Ausschlag für Laschet gaben und damit in die Clique der möglichen Totengräber dieser Partei eintraten, hat etwas Tragisches. Die CDU ist – anders als Teile der CSU – nicht so recht im 21. Jahrhundert angekommen. Die Jungen und Klaren müssen jetzt die Partei an sich reißen. Allen voran Carsten Linnemann und Jens Spahn, die in Gründung befindliche Denkfabrik von Andreas Rödder und Kristina Schröder sollte gleich das Konrad-Adenauer-Haus übernehmen“, fordert die Zeitung DIE WELT.

Mit CDU und CSU befasst sich auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE, wenn auch mit einer anderen Schlussfolgerung: „Die Hoffnungen der Union auf den Last-Minute-Swing haben sich nicht erfüllt. Der Umschwung, der auf den letzten Metern die klare Wende bringen sollte, ist ausgeblieben. Die Union weiß nun, wie hoch der Kanzlerbonus ist, den sie mit Merkels Abgang verloren hat. Deutschland stehen Monate mit Koalitionsverhandlungen ins Haus, wie es sie noch nicht gegeben hat. Den Unionsparteien wäre nicht mehr zu helfen, wenn sie sich in dieser Lage nicht wirklich geschlossen hinter ihren Kanzlerkandidaten stellten und ihn so stärken würden wie nur irgend möglich.“ Soweit die FAZ.

Die TAGESZEITUNG setzt sich mit den Grünen auseinander und fragt sich zudem, welche Bedeutung das Thema Klima am Ende wirklich hatte: „Die Grünen haben ihr Ziel verfehlt, das Kanzlerinnenamt wieder in die Hände einer Frau zu geben. Das Grünen-Ergebnis muss enttäuschen. Es lässt für keine der denkbaren Koalitionen, um die es nun gehen wird, viel Gutes für die Klimapolitik erwarten. Die Klimakrise war als Thema durchaus präsent, hat aber erkennbar keine Mehrheit ausreichend bewegt. Viele mögen dank der medialen Aufklärung sogar endlich begriffen haben, welche Veränderungen uns noch abverlangt werden dürften – und eben darum das Kreuz bei einem Kandidaten gemacht haben, der Schonung der Konsumgewohnheiten versprach“, vermutet die TAZ.

Das in Düsseldorf erscheinende HANDELSBLATT vergleicht die Chancen von SPD und CDU auf die Regierungsbildung: „Die SPD wird versuchen, der FDP ein Angebot zu machen, das sie nicht ablehnen kann. Laschet wiederum muss die Grünen überzeugen, dass sie bei ihm besser aufgehoben sind als bei den Sozialdemokraten. Sein Balanceakt wird schwieriger sein als der von Scholz. Laschet darf den Grünen nur so viel bieten, dass die FDP nicht abwinkt. Es muss aber so viel sein, dass die Grünen mit ihm und der FDP regieren wollen“, meint das HANDELSBLATT und fasst zusammen: „Am Ende dieses historischen Tages gilt: Der Vorhang ist gefallen, und alle Fragen sind offen.“

Ampel oder Jamaika? – Diese Frage stellt sich auch der KÖLNER STADT-ANZEIGER und schreibt: „Auf dem langen Weg dahin kommt es für die Verhandlungsführer auf die Kunst des Zugeständnisses, des Kompromisses und der Gesichtswahrung. Der König der Sondierer wird am Ende auch der Kanzler sein.“

Die BADISCHE ZEITUNG nennt es bemerkenswert, dass FDP-Chef Christian Lindner den Grünen noch am Wahlabend Gespräche angeboten hat und schreibt dann: „Noch bemerkenswerter war allenfalls, dass Annalena Baerbock die Offerte prompt annahm. Solche Sondierungen zwischen kleineren, potenziellen Partnern wären früher undenkbar gewesen. Wer weiß, womöglich zeichnet sich hier schon der erste Wandel in der politischen Kultur ab, den dieses Wahlergebnis erzwingt.“

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ist sich sicher: „Es wird ein Neustart, so und so. Die Drohkulisse, es sei mit diesem oder jenem Kandidaten bloß eine Manifestierung des Bestehenden, wird sich schnell als Wahlkampfgetöse entblättern. Denn alle Parteien sind sich einig: Es muss viel passieren in diesem Land.“

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ruft zu folgendem Gedankenspiel auf: „Da es praktisch unmöglich ist, für Koalitionen mit klarem inhaltlichen Profil parlamentarische Mehrheiten zu finden – warum redet dann niemand über eine Minderheitsregierung? Der ängstliche Verzicht auf diese Option stellt heute einen Anachronismus dar. Wie wäre es, wenn sich dem neuen Bundestag einfach zwei Kanzlerkandidaten zu Wahl stellten? Der Sieger müsste dann für seine Projekte von Fall zu Fall eine Mehrheit suchen“, führt die FRANKFURTER RUNDSCHAU aus und hebt hervor: „Als Bonus bekämen wir eine Volksvertretung, in der die Entscheidungen nach Überzeugung getroffen würden statt nach Koalitionsräson. Auf Deutsch: mehr Demokratie.“

Im Schatten der bundesweiten Entscheidung wurde gestern auch auf Landesebene gewählt. Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG schreibt zu Mecklenburg-Vorpommern: „Fast 40 Prozent bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, das hätte der SPD noch vor Jahresfrist kaum einer zugetraut. Es darf neidlos gesagt werden: Es ist der Erfolg von Manuela Schwesig. Die Spitzenkandidatin der SPD hat in den vergangenen Wochen gekämpft wie eine Löwin, auch wenn ihr dabei das Amt als Ministerpräsidentin geholfen hat. Sie hat das Land anerkanntermaßen gut durch die Pandemie gesteuert“, lobt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG und hat auch noch einen Rat für die Landes-CDU parat: „Mit diesem Ergebnis kann man der Partei nur raten, in die Opposition zu gehen und sich dort zu erneuern. Weitere fünf Jahre an der Seite der SPD könnten die Union bis zur Bedeutungslosigkeit zerreiben.“

Nun noch ein Blick in den TAGESSPIEGEL aus Berlin, der sich mit den Wahlen zum Abgeordnetenhaus beschäftigt: „Der Wahltag in Berlin verlief so, wie man die Stadt kennt: dysfunktional. Exemplarisch zeigte sich das am Wahltag selbst: In manchen Wahllokalen wurden die falschen Stimmzettel angeliefert, in anderen gingen sie sogar aus. Zuweilen mussten die Leute eine gefühlte Ewigkeit warten, manche gaben nach zwei Stunden Wartezeit auf: Für ältere Wählerinnen und Wähler standen selbst vor Schulen keine Stühle zur Verfügung. Die Unzufriedenheit über die dysfunktionale Stadt zeigt sich, wenn man so will, auch am Wahlergebnis für die Parteien“, glaubt der TAGESSPIEGEL, mit dem diese Ausgabe der Presseschau endet.

In einem geradezu ’genialen’ Beitrag von Alix Kroeger in den BBC News vom 27. September 2021 [1] : German election: Seven things we learned, wird im Anschluss an die sieben Learnings dazu aufgerufen, der Redaktion eine Postkarte zuzusenden, um die Frage zu beantworten, warum in Berlin DER Berlin-Marathon ausgerechnet am Wahltag ausgerichtet werden musste. Hier ist sie im Wortlaut:

Sports as a camouflage for politics: We still have to learn our lessons form the Berlin 1936 Olympic Games.

Am Tag zwei nach der Wahl hier zunächst ein erneuter Blick in die Presseschau aus deutschen Zeitungen des Deutschlandfunks vom 28. September 2021, die heute mit dem Satz eingeleitet wird: "Die Kommentatoren befassen sich mit der Bundestagswahl und den kommenden Sondierungsgesprächen.“

Mit dem Zitieren dieser Texte wird verständlich, warum auch dieser Online-Beitrag erst jetzt am Tag zwei nach den Wahlen erscheint: Der Nebel des Wahlkampfes lichtet sich, aber die Signalhörner blasen immer noch - und das lauter als je zuvor:

„Es ist vorbei“, titelt der TAGESSPIEGEL mit Blick auf den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet. „Es ist schwer erträglich, mit welchem Ausmaß an Realitätsverweigerung er sich die schwerste Niederlage der Union in ihrer Geschichte schönredet. Und am Wahlabend einen Regierungsauftrag daraus ableitet, um tags darauf wieder etwas zurückzurudern. Nun ergeht es ihm wie dem Frosch, der in kaltes Wasser gesetzt wird. Drumherum im CDU-Präsidium und im fernen München bei der CSU erhöhen sie die Temperatur. Wenn Laschet nicht aufpasst, kocht das Wasser bald und sein Schicksal ist besiegelt. Seine einzige Chance wäre, rasch eine Sondierung mit der FDP und den Grünen hinzubekommen. Aber kann er ernsthaft vorhaben, jetzt derart das Klischee des nach Posten strebenden Politikers zu bedienen? Der Wählerwille ist dieses Mal ja gar nicht so schwer zu verstehen“, findet der TAGESSPIEGEL aus Berlin.

Die Zeitung DIE WELT nennt Laschet einen „Märchenonkel“: „An zwei Legenden strickt die Union seit dem Wahlabend. Die Erste lautet: ‚Wir haben einen großen Schlussspurt hingelegt.‘ Und die zweite: ‚Wir haben Rot-Grün-Rot verhindert.‘ Die Union will ihren Machtverlust mit teils abstrusen Erzählungen als Sieg verkaufen. Statt Fehler einzugestehen, versuchen Laschet und Co. zu blenden – und machen sich damit vor allem eines: unglaubwürdig.“

Die PFORZHEIMER ZEITUNG geht ebenfalls hart mit Laschet und seiner Partei ins Gericht: „Am Wahlabend erhielt die CDU eine schallende Ohrfeige, die Quittung für jahrelange Bräsigkeit – aber ganz gewiss keinen Regierungsauftrag. Nun ist viel von einem Neuanfang die Rede, programmatisch und personell. Armin Laschet ist dafür der falsche Mann. Schlimm genug, dass ihm das nicht klar ist. Noch schlimmer wäre es, wenn in der CDU niemand den Mut hätte, ihm das zu sagen.“

Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg konstatiert: „Wenn Laschet seiner Partei einen Gefallen tun will, dann nimmt er diese Niederlage mit in den politischen Ruhestand und macht das Feld frei für eine andere Person, die dann vielleicht im Falle eines Scheiterns von Ampel-Gesprächen ein allseits akzeptierter Gesprächspartner sein könnte. In München säße einer, der sich das zumindest zutrauen würde.“

Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg betont hingegen: „Der sofortige Rücktritt Laschets hätte auch die CDU in Schwierigkeiten gebracht. Aber der krachend gescheiterte Kanzlerkandidat ist dennoch in der Auslaufphase. Niemand rechnet damit, dass er doch noch seine ‚Zukunftskoalition‘ zusammenbekommt. Und auch FDP-Chef Lindner wird nicht zu einem Verlierer ins Boot steigen, sondern lieber die Chance ergreifen, sich in einer Ampel-Koalition als bürgerliches Regulativ zu profilieren.“

„Komfortabel ist die Situation für Olaf Scholz“, meint der WESER-KURIER aus Bremen: „Die Sozialdemokraten waren bereits totgesagt. Die Reanimation haben sie vor allem ihrem Kanzlerkandidaten zu verdanken. Querschüsse aus der linken Parteiführung um Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans drohen zunächst nicht. Das könnte aber schon ganz anders aussehen, wenn es in späteren Koalitionsverhandlungen mit FDP und Grünen um Themen wie Mindestlohn oder Klimaschutz gehen sollte.“

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hält fest: „Die Verschiebung der politischen Machtgewichte dokumentiert kaum etwas besser als die Überlegung von FDP und Grünen, zunächst einmal Gemeinsames und Trennendes auszuloten, ehe Gespräche mit der SPD und der Union beginnen. Dies ist umso bemerkenswerter, als FDP und Grüne selbst zwar ordentliche, aber keineswegs überragende Wahlergebnisse erzielt haben. Doch der SPD fehlen die Alternativen, nachdem – und das ist eine exzellente Nachricht für das Land – keine Mehrheit mit Grünen und Linkspartei möglich ist. Das stärkt Olaf Scholz gegenüber der irrlichternden Linken der SPD und sollte dort alle Träume beenden, man könne über Tricks mit der Schuldenbremse eine Politik der exzessiven Staatsverschuldung betreiben“, unterstreicht die FAZ.

Die TAGESZEITUNG aus Berlin sieht die Grünen in einer Zwickmühle: „Auch wenn sie in einer kommenden Ampel-Koalition die zweitstärkste Kraft sind, werden sie es schwer haben, ihrem Versprechen einer ökologischen Erneuerung gerecht zu werden. Denn der Erfolg des Scholz-Wahlkampfs signalisierte ja keineswegs den Willen der SPD – und der Bevölkerung – zu einer grundlegenden Veränderung oder gar zu einer radikalen Zäsur, sondern weit eher eine bloß partielle Wende neben einem gepflegten Weiter-so in der Merkel-Tradition. Am Ende war Scholz merkeliger als seine Konkurrent*innen. Und eins wissen auch die Grünen: Die FDP wird sich die Zustimmung zu einer Ampel-Koalition teuer abkaufen lassen“, wagt die TAZ einen Ausblick.

Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER bezeichnet eine mögliche Koalition unter Beteiligung der Grünen und FDP als „riskantes politisches Projekt“: „FDP und Grüne sind grundverschieden. Während die Liberalen auf Marktwirtschaft, weniger Steuern, Wirtschaftswachstum und Freiheitsrechte setzen, wollen die Grünen einen höheren Mindestlohn, mehr Staat, höhere Steuern und Verbote. Doch gerade in der Gegensätzlichkeit steckt der Reiz, wie es auch Grünen-Chef Robert Habeck formulierte. Denn die beiden könnten im besten Fall den Beweis antreten, wie man Deutschland zu einem klimaneutralen Industrieland umbaut, auf das in Europa Verlass ist. Einen Versuch ist es allemal wert“, findet der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.

Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG geht auf die Linke ein, die unter die Fünf-Prozent-Hürde gerutscht ist, es aber dennoch über Direktmandate knapp ins Parlament geschafft hat: „Es gab Zeiten, da war sie in allen ostdeutschen Landesparlamenten zweistellig vertreten. Mit der Flüchtlingskrise 2015 trat die AfD auf den Plan und gerierte sich als Hüter ostdeutscher Interessen. Die Linke hat ihre Funktion als Auffangbecken ostdeutschen Protests verloren und keine richtige neue Rolle gefunden. Sie flankiert die SPD und die Grünen, ohne den beiden richtig gefährlich zu werden. Sie steht gegenüber Union und FDP als Drohkulisse für Rot-Grün-Rot zur Verfügung, aber immer nur so lange, wie das wahltaktisch von den ‚Partnern‘ gerade für nötig befunden wird“, heißt es in der MITTELDEUTSCHEN ZEITUNG aus Halle.

Die Zeitung NEUES DEUTSCHLAND ergänzt: „Schwierig wird es, wenn Wähler soziale Sicherheit als wichtigstes Thema empfinden, aber der Linken, die sich genau das auf die Fahne schreibt, immer weniger Kompetenz zutrauen. Ein klassischer Fall von unzureichend wahrgenommenem Profil. Es gibt viel zu besprechen für Die Linke.“

Zum starken Abschneiden der AfD in den ostdeutschen Bundesländern erklärt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: „Auch in Sachsen und Thüringen haben sich drei Viertel der Wähler nicht für die AfD entschieden. Problematisch wird auf Dauer jedoch, dass die übrigen Parteien in Ostdeutschland zumindest auf Landesebene nur noch um die AfD herum koalieren oder sich ihr annähern müssten. An diesem Punkt könnte das Wahlergebnis helfen: Wenn sich die Union im Bund in der Oppositionsrolle wiederfinden sollte, wäre das eine Chance für CDU und CSU, sich auf konservativ-bürgerliche Werte zu besinnen und damit eine echte Alternative anzubieten, die derzeit vielen konservativen und kritischen Wählern fehlt. Sollte das gelingen, dürfte es für die AfD in vier Jahren schwierig werden, politisch auf Bundesebene zu überleben“, vermutet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.

Die STUTTGARTER ZEITUNG notiert zur wachsenden Zahl an Abgeordneten in Berlin: „Statt 709 wird der neue Bundestag 735 Abgeordnete haben. Das liegt am Wahlrecht. Zwar gab es im vergangenen Jahr nach zähem Ringen mit den Stimmen von Union und SPD eine Reform. Die aber verdient ihren Namen nicht mal im Ansatz und ist mehr ein Reform-Placebo als eine wirkungsvolle Therapie. So erbt nun der nächste Bundestag die Mammutaufgabe, das Wahlrecht umfassend zu reformieren. Es wird auch höchste Zeit. Doch Einsicht ist wohl auch im neuen Bundestag nicht der erste Schritt zur Besserung.“ Das war zum Ende der Presseschau die STUTTGARTER ZEITUNG.

Vor allem aber zu guter Letzt ein Mitschnitt dieses Gesprächs von Sandra Pfister mit Tom Nuttall, von der The Economist-Redaktion in Berlin mit Bezug auf den Titel vom 25. September 2021: A giant departs. The mess Merkel leaves behind.

© The Economist / Luca D’Urbino

The successor to Germany’s much-admired chancellor will face big unresolved problems

Dlf: Wirtschaft am Mittag 28.09.2021- Interview mit Tom Nuttall
Es gelten die Regeln des Urheberrechts Deutschlandfunk/WIRTSCHAFT AM MITTAG (2021-09-28T13:35)

P.S.

Um diesem Rückblick zumindest in diesem Vermerk noch einen gewissen Unterhaltungswert angedeihen zu lassen, hier ein Ausschnitt aus dem von Stefan Koldehoff anmoderierten KULTUR HEUTE - Beitrag des Deutschlandfunks vom 27. September 2021 von Oliver Kranz über die "Elefantenrunde reenacted - Ein Live-Projekt an der Berliner Volksbühne":

Anmerkungen

[1

BBC News 21-09-07

Danke, Jan, für den Hinweis! WS


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