Da capo: Auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof

VON AdminZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 29. April 2022 um 10 Uhr 10 Minutenzum Post-Scriptum

 

Die Teilnahme an den Begräbnisfeierlichkeiten für † Joachim [1] in den sonnendurchfluteten Mittagsstunden des 7. August 2021 führte dieses Mal nicht zur Lichtinstallation von James Turrell, sondern zunächst vor

sodann direkt in die Trauerkapelle.

Am Ende der Trauerfeier die Entscheidung getroffen, nicht mit den Anderen den Weg an die Grabstelle mitzulaufen. Den als Grabbeigabe mitgeführten Stein - aus der Zeit der letzten Begegnung mit Lothar Romain, siehe den Beitrag vom 15. Juli 2005: Der Rundgang geht weiter [2] - einem der Redner und seiner Tochter (beide ehemaligen Studenten bei Joachim Sauter) mitgegeben und ihm das Versprechen abgenommen, dass er diesen Stein auf dem Grab niederlegen werde.

Stattdessen in der Kapelle allein-geblieben und Zwiesprache mit dem Toten gehalten.

Als eine Art nutzbringender Ablenkung einen eigenen Weg über den Friedhof gegangen und versucht eine Antwort auf die Frage zu finden, wie der eigene Grabstein aussehen könnte [3] der auf jeden Fall in der Nachbarschaft des in Berlin geborenen Vaters "Wolf", des Grossvaters "Wilhelm" und seiner Frau "Annemarie" stehen wird:

© "CEEHERE", Mark Forman Productions Corp.

Auf dem langsamen Weg zwischen den Gräbern jener anderen Freunde gedacht, die hier schon zu den eigenen Lebzeiten begraben wurden, Taboriund Kittler [4].

Und mit der Erinnerung an Tabori dort gelandet, wo einst auch er mit Brecht gesprochen hatte:

© Eku Wand

Von diesem Platz aus [5] gibt einen guten Blick auf die Begräbniszeremonie - und als diese sich nach langer Zeit aufzulösen beginnt, kommen viele der Gäste an dem selbst gewählten eigenen Ruheplatz vorbei.

Mehrere von diesen bleiben stehen, wir begrüssen uns und kommen ins Gespräch. Einer von ihnen, Eku Wand, bietet sich an, Fotos zu machen, von denen dieses, hier zusammen mit Siegfried Zielinski, gezeigt werden soll:

Es erinnert stark an die Begegnung mit einem anderen Freund, Stanley Walden, an der fast gleichen Stelle, als wir das Grab von George Tabori aufgesucht hatten [6]:

Der Rückweg aus dem Gelände wird gemeinsam fortgesetzt.
Vor dem Ausgang bleiben wir nochmals stehen, weil es gilt, sich in das Kondolenzbuch einzutragen:

WAS soll ich schreiben? WENN Das Schweigen uns jetzt ewig begleiten wird.

Zu Viert verlassen wir den Friedhof und finden uns gleich nebenan auf dem Innenhof des Brecht-Hauses ein. Dort stehen Tische, Stühle und Sonnenschirme. Es gibt japanische Küche in Schalen und Sapporo Bier in Flaschen. Platz genommen an einem der soeben freigewordenen Esstische schweift der Blick nach oben über jenes Haus, in dem ab der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts fünf Jahre eigene Arbeits- und Lebenszeit verbracht wurden [7].

P.S.

Und das P.S.

Anmerkungen

[1Das ist der Link zum Beitrag aus Anlass seines Todestages am 10. Juli 2021

[2Und vom 19. April 2006: mangare: in memoriam.

[4Im September, am Samstag den 4. spricht an diesem Ort ab 19.30 Uhr Raimar Zons über Friedrich Kittler in der LECTURES-Reihe: "Stimmen der Toten"

[5Auf dem Foto ist auf dem gegenüberliegenden Treppensims jener - wie er von sich selber sagt - "Verrückte" zu sehen, der immer wieder die am Grabesrand liegende Holzschatulle mit den Gedichten Brechts auffüllt - und darüber hinaus literarische Spaziergänge durch diesen Friedhof anbietet: Udo Kriegsmann.

[6Siehe den Beitrag vom 27. Juni 2015: Sommerfest im Brecht-Haus!.

[7Siehe den Beitrag vom 18. März 2021: 150 Jahre Pariser Kommune.


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