Israel-Alumni Tagung 2022 (I)

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 30. Mai 2022 um 14 Uhr 58 Minutenzum Post-Scriptum

 

Hier das erste Ankündigungsanschreiben:

Wiedersehen in Berlin – Tagung der Alumni der Israel-Studienreisen am 27.und 28. Mai 2022

Sehr geehrter Herr Dr. phil. Siegert,
liebe Alumni der Israel-Studienreisen der bpb,

nach langer Pause freuen wir uns, Ihnen die nächste Präsenz-Veranstaltung für die Israel-Alumni ankündigen zu können.

Am 27. und 28. Mai 2022 möchten wir in Berlin mit Ihnen und unseren Gästen aus Israel über aktuelle Debatten ins Gespräch kommen und Ihnen die Gelegenheit bieten, sich wieder vor Ort im Kreise der Alumni auszutauschen.

Dabei werden wir uns intensiv mit der Frage beschäftigen, welche neue Rolle Israel infolge der sogenannten Zeitenwende, des Krieges in der Ukraine und des vollständigen Umbruchs der Sicherheitsarchitektur übernehmen kann, insbesondere in seinem Verhältnis zu Europa und Deutschland. Darüber hinaus möchten wir auf die innenpolitischen Veränderungen in Israel unter der "Regierung des Wandels" mit ihrer 8 Parteien-Koalition blicken, die sich entgegen vieler Prognosen stabilisiert hat.

Neben Panel-Diskussionen und thematischen Fokusgruppen wird es auch ausreichend Raum für die Wiederbegegnung und den Austausch mit anderen bisherigen Reiseteilnehmenden geben.

Über das detaillierte Programm und die Online-Anmeldung informieren wir Sie voraussichtlich im Laufe des Monats April.
Teilnahme und Verpflegung sind frei. Die Anreise sowie Übernachtung erfolgen auf eigene Kosten.
Die Anzahl der Teilnehmenden wird auf ca. 80 Personen begrenzt und das Format somit kleiner als die bisherigen Alumni-Konferenzen sein.

[...]

Hier der vorläufige Ablaufplan des Programms:

14.00 Uhr Begrüßung:
Waltraud Arenz, Referentin bpb
Steffi Hentschke, Journalistin, Tel Aviv

14.30 – 16.00 Uhr Außenpolitik und neue Sicherheitsarchitektur in Europa und der Welt

Panelgespräch mit:

● Col. (ret.) Miri Eisin, Dozentin an der Reichman Universität (IDC Herzliya)
● Richard C. Schneider, Publizist und Editor-at-Large bei der ARD
● Col. (ret.) Ron Shatzberg, Co-Generaldirektor der Economic Cooperation Foundation (ECF)
● Dr. Rami Nasrallah, Direktor des International Peace and Cooperation Center (IPCC), Jerusalem

Moderation: Özlem Topçu, stellv. Leiterin Außenpolitik, Der Spiegel

Nach einem echt heftigen Regenschauer war die Folge, dass die Ankunft am Ort des Geschehens erst im Verlauf des ersten Panels möglich war.

Aber kaum, dass ein Platz eingenommen wurde, kommen in den ersten Beiträgen der Podiumsteilnehmer die gleichen Themen zur Geltung, die schon so viele Jahre zuvor die Agenda auf den eigenen Reisen durch das Land bestimmt haben: Die "Besetzung Palästinas", der Mangel an Kooperationsbereitschaft auf Seiten Israels, die "Konflikte mit dem Iran und Irak", aber auch mit Syrien, die Rolle von Jerusalem im allgemeinen und des Tempelbergs im speziellen, der wachsende Einfluss der Hamas, der Umgang mit und die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen, vorwiegend der Wasserknappheit, die Siedlungspolitik und die Praxis der Siedler, die Beziehungen zu den Staaten in Europa und in den Amerikas, der Wert der Sicherheitsgarantien, die Vertreibung der Juden aus anderen Staaten wie zum Beispiel Marokko., die Generationenkonflikte - aber auch die Hoffnung auf die Jugend.

Ein Rückblick auf alle die - zuletzt nicht enden wollenden - Wahlkampagnen seit 2013 zeige, dass im Verlauf all dieser Kampagnen das Thema Palästina und Westbank so gut (so schlecht) wie keine Rolle gespielt hat. Selbst heute, wo eine Koalition von ganz rechts bis links regiert, habe sich das nicht geändert.

Die Bedrohungen seien nicht nur die Palästinenser, sondern der Iran, der früher oder später über Atomwaffen verfügen werde. Ein Kompromiss, der die Aufgabe der Westbank beinhalten würde, sei ebenso logisch wie undenkbar.

Einverständnis gab es auf dem Panel wie im Zuschauerraum zu der Erklärung, dass die Deutschen weder bereit noch in der Lage seien, (wieder) in den Krieg zu ziehen. Daran habe auch der "Zeitenwende"-Text des Bundeskanzlers nichts verändert. "This is not Lala-Beach-Time" any more."

16.30 – 18.00 Uhr Fokusgruppen zur Vertiefung folgender Themen:

● Israels Rolle in der “neuen” Welt
Col. (ret.) Miri Eisin, Dozentin an der Reichman Universität (IDC Herzliya)
Moderation: Özlem Topçu, stellv. Leiterin Außenpolitik, Der Spiegel

● Deutsch-israelische Beziehungen unter neuen Vorzeichen?
Richard C. Schneider, Publizist und Editor-at-Large bei der ARD
Moderation: Anna-Maria Schuck, Programmreferentin des ZDF-Intendanten

Frage, welches die - unterschiedlichen - Haltungen des Staates Israel und der BRD in der Ukraine-Frage sind.
Dazu die folgende Notate: Israel darf immer noch Bombardements gegen Syrien fliegen. Auch heute noch, da es - immer noch - darüber eine Vereinbarung mit Russland gibt. Hätte dann nicht Jerusalem der Ort für Friedensverhandlungen werden können, so die Frage? Jeder sechste Israeli kommt aus Russland und/oder der Ukraine. Naftali Bennett bleibt lange Zeit immer noch ein Gesprächspartner zwischen beiden Fronten. Aber nicht in der Öffentlichkeit. Es gibt eine Entschuldigung von Sergei Wiktorowitsch Lawrow über die Juden als die grössten Nazis. Putin weiss, dass die Israeli im Kampf gegen die Syrer und damit gegen die Russen - die stärkeren sein werden (bezogen auf diesen Mikrokosmos) .
Aber, die Israelis werden auch weiterhin die Weitergabe von militärischem Know-how an die Ukraine verweigern, dafür gibt es jetzt schon ein aktuelles Beispiel.

Und in Deutschland? Das Problem sei die SPD und ihr Kanzler. Der Wunsch ein gemeinsames Haus mir der SU zu bauen ist gescheitert. "Die Deutschen haben nichts gelernt aus der Geschichte." Was heisst es, seine Demokratie verteidigen zu wollen - und zu können? Wie aus dem "nie wieder Krieg" eine "sehr bequeme Haltung" werden konnte.
Die EU-Osterweiterung hat dazu nicht geführt, die Aussenpolitik neu zu kalibrieren. Und das rächt sich heute. "Man lacht sich heute nur noch tot über die Deutschen." Diese Haltung ist eine weitere Stütze für die Rechte in Israel.
Israel ist heute nicht mehr ein "Teil des Westens". Das Beispiel von Aleppo spricht für sich selbst.
These: Das Deutsch-Israelische Beziehungsgeflecht verhält sich nach wie vor so gut wie bisher. Die Deutsche Armee ist aus der Sicht Israels eine "Schokoldenarmee: Sie steht in der Sonne und schmilzt vor sich hin." Heute könnten die Deutschen Generäle echt von den Israelis lernen. Wie kann man im Kampf gegen den Terrorismus von den Israelis lernen (Zusammenarbeit zwischen dem THW und der "Heimatfront")?
Covid 19: Benjamin Netanjahu sagt, "wir sind im Kampf gegen den Virus".
Und in Deutschland? Es könnte schon im Herbst eine taktische Atomrakete gezündet werden. "In einer Millisekunde kann die Situation eskalieren."

Nicht zur Sprache kommt die Frage nach der Verantwortung der öffentlich-rechtlichen "Anstalten". Geschweige denn die Frage nach der Journalistin Schirin Abu Akle, die am vergangenen Mittwoch bei einer israelischen Razzia getötet wurde, trotz Weste und Helm: durch einen Schuss in den Kopf.

● Der israelisch-palästinensische Konflikt im Licht der Zeitenwende
Col. (ret.) Ron Shatzberg, Co-Generaldirektor der Economic Cooperation Foundation (ECF)
Dr. Rami Nasrallah, Direktor des International Peace and Cooperation Center (IPCC), Jerusalem
Moderation: Dr. Ofer Waldman, freier Journalist und freier Mitarbeiter beim Deutschlandfunk Kultur

18.15 – 18.45 Uhr Einführung in den “Open Space”
Susanne Ulrich, Leiterin der Akademie Führung und Kompetenz am Centrum für angewandte Politikforschung, LMU München

20.30 – 21.30 Uhr Israelische Kultur im Gespräch
Tomer Gardi, Schriftsteller
Moderation: Natascha Freundel, Redakteurin rbb Kulturradio

Zur Vorbereitung der Teilnahme hier ein - wenn auch nicht vollständiger - Überblick/Rückblick auf vorangegangene Beiträge aus den beiden vorangegangenen Jahren:

2021:
Vom 05. August 2021 New York, Paris, Berlin: Where to play... & to stay?
Vom 22. Juli 2021 "Forbidden Stories"
Vom 18. Mai 2021 No Show: Hong Kong wants YOU
Vom 23. März 2021 Wahlen in Israel: Da capo... al fine?
Vom 12. Januar 2021 www.br.de/juedisches-leben
Vom 10. Januar 2021 A "HAPPY NEW YEAR!" Graffiti Photo Greeting

2020:
Vom 09. September 2020 Mediengipfel! Im Tal der Tränen?
Vom 27. August 2020 "Foxtrot" erstmals im deutschen Fernsehen
Vom 18. Mai 2020 „Oberammergau im Ausnahmezustand..."...

... mit einer Reihe von embedded Links auf weitere, noch frühere Publikationen aus den vorangegangenen Jahren.

P.S.

Als fast unmittelbare Reaktion auf diesen Beitrag trifft diese Mail ein, in der auf die folgenden TV-Produktion verwiesen wird. Wir zitieren hier zunächst aus dem Anschreiben:

Avi Mograbi hat eine in ihrer Trockenheit schockierende Darstellung der israelischen Besatzung Palästinas zusammengestellt. Ich weiß nicht einmal, ob so etwas überhaupt unter dem Begriff "Dokumentarfilm" einsortiert werden sollte, aber es ist sehr beeindruckend. Nur für gute Nerven, nichts für schwache Stunden.

Französisch
Les 54 premières années (1/2) Manuel abrégé d’occupation militaire
Teil 1: https://www.arte.tv/fr/videos/101610-001-A/les-54-premieres-annees-1-2/
Teil 2: https://www.arte.tv/fr/videos/101610-002-A/les-54-premieres-annees-2-2/

Deutsch
Israel als Besatzungsmacht - Soldaten erzählen
Teil 1: https://www.arte.tv/de/videos/101610-001-A/israel-als-besatzungsmacht-soldaten-erzaehlen-1-2/
Teil 2: https://www.arte.tv/de/videos/101610-002-A/israel-als-besatzungsmacht-soldaten-erzaehlen-2-2/

Der sogenannte Sechstagekrieg begann am 5. Juni 1967 mit einem Präventivschlag Israels gegen Basen der ägyptischen Luftwaffe. Er endete am 10. Juni 1967 mit der Besetzung des Gazastreifens und der Sinai-Halbinsel Ägyptens, des Westjordanlandes und Ostjerusalems Jordaniens und der Golanhöhen Syriens. Seither ist Israel Besatzungsmacht. Besatzungssoldaten erzählen.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff "Besetzung"? Was bedeutet es, in einem besetzten Gebiet zu leben? Mit welchen Methoden und Maßnahmen agiert eine Besatzungsmacht? Die Feststellung "Die Besetzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens durch Israel dauert bereits seit
52 Jahren an" sagt außer der Zeitangabe nichts darüber aus, was diese Okkupation bedeutet. Greifbar wird sie erst mit dem konkreten Vorgehen der Besatzer sowie mit den alltäglichen Folgen für die in einem besetzten Gebiet lebenden Menschen.

Bei den israelisch besetzten Gebieten ist es wie mit einer vielköpfigen Schlange: Jeder Kopf steht für einen "tapferen Jungen", der in den besetzten Gebieten seinen Militärdienst ableistet, dort seinen Auftrag erfüllt und die Befehle in der festen Überzeugung ausführt, damit einen Beitrag zur Sicherheit des Staates Israel zu leisten. Erst die Gesamtheit des Handelns all dieser "tapferen Jungen" macht die Besetzung konkret. Fast alle jüdischen Bürger Israels dienen in der Armee und wirken direkt oder indirekt an der Besetzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens mit. Eine Generation nach der anderen macht die schmutzige Arbeit, lernt die Methoden und gibt sie an die nächste Generation weiter, damit auch sie das Getriebe der militärischen Besetzung weiter ölen kann. Einige dieser "Köpfe" berichten im Film ausführlich über die täglichen Routinemaßnahmen der Besatzer. Getrennt betrachtet ist keine dieser Maßnahmen so bedeutsam, dass sie allein über Fortdauer oder Ende der Okkupation entscheiden könnte. Doch zusammengenommen machen sie das Wesen der Besetzung aus.

Regie : Avi Mograbi
Land : Frankreich
Jahr : 2021

Am 29. Mai 2022, also einen Tag nach dem Ende der Tagung, wird im Berliner TAGESSPIEGEL von Manfreid Riepe diese Gegenposition formuliert, die mit dem Titel aufmacht: Provokante Einseitigkeit. Arte-Doku blickt auf Israel als Besatzungsmacht und mit diesen Zeilen endet:

Sehenswert ist der Film von Mograbi aber trotz seiner provokanten Einseitigkeit. Er verdeutlicht indirekt, wie unversöhnlich die Positionen und wie tief die Gräben geworden sind. Der Aussöhnung zwischen den Völkern dient „Israel als Besatzungsmacht - Soldaten erzählen“ wohl kaum.


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