"Du hast ja jetzt so viel Zeit..."

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 22. Januar 2023 um 12 Uhr 06 Minutenzum Post-Scriptum

 

Am Vorabend zu diesem Samstag erklärt mir eine Person, die soeben dabei ist, sich in den "Unruhestand" zu verabschieden, dass ich als der noch Ältere ja jetzt schon "so viel Zeit" haben sollte.

Daraufhin die Entscheidung, an diesem nachfolgenden - formal gesehen Nicht-Arbeits - Tag aufzuzeichnen, was mich an diesem Tag so beschäftigt. Und dieses auch ganz bewusst einmal als eine persönliche Aufzeichnung der Tätigkeiten dieses Tages mit ins Netz zj stellen.

8 Uhr. Aufwachen. Und sich entscheiden, nochmals eine Runde zu schlafen.

9:20 Uhr: Aufstehen, Morgentoilette, Lüften und Richten, Frühstücken.

10 Uhr: Aktivieren aller Rechner und der Versuch, im Büro die defekte Glühlampe von der Deckenleuchte zu wechseln. Es stellt sich heraus, dass die Lampe nur noch an einem Faden in der Fassung hängt, die offensichtlich zu heiss geworden ist.
Der Spannungsprüfer wird gesucht - und gefunden, zeigt aber, egal in welcher Schalterstellung keinen Stromfluss an.
Also beim Eisenwarenhandel Rudolph am Savignyplatz angerufen, ein gutes Neues Jahr gewünscht, die Flasche Wein mit ihnen ausgesucht, die ich das nächste Mal mitbringen werde und geklärt, dass sie sowohl den Spannungsprüfer prüfen können als auch neue E 27 er Fassungen für Pendelleuchten bereithalten.

11 Uhr: Während das Werkzeug wieder verpackt und die Leiter wieder zurückgestellt wird, lärmt einer der drei aktivierten Rechner. Es bedarf mehrerer Neustarts und Updates und dann beruhigt sich irgendwann auch der Lüfter wieder.
Es geht darum, noch ein Softwareprogramm für die Buchhaltung auf einen anderen Rechner zu exportieren. Das ist die eine Aufgabe. Dabei stellt sich aber heraus, dass der Zielrechner zwar mit der aktuellsten Version von Windows 10 pro ausgestattet ist, nur ein 32-bit Rechner.
Das wird also die nächstfolgende Aufgabe sein, nämlich im Austausch für das lärmende Altgerät auch für dieses einen Ersatz zu suchen. Und das noch, bevor die Umstellung auf das neue Betriebssystem - spätestens nach dem 14. Oktober 2025 - eh’ einen Austausch verlangt.

Und ja, um dieses zu tun, bedarf es in der Tat eines eigenen Zeitbudgets. Aber der eigentliche Zeitaufwand bestand nicht so sehr in der Dokumentation dieser Aufgaben und Lösungsschritte, sondern in der Ausführung ebendieser selbst.

Die für diese Schritte notwendigen Vorbereitungen wurden bereits ausführlicher in diesen vorangegangenen Beiträgen dokumentiert.
 clean up :buhl (vs. Postbank)
 Clean up: AusweisApp 2
 Clean up: HP -> DELL
Daraufhin wurde mit dieser heise-news-Link mit dem dazu wahrlich passenden Artikel zugeschickt:
https://www.heise.de/news/Do-it-yourself-Kunde-Kundschaft-soll-immer-mehr-Arbeit-uebernehmen-7460913.html.

12 Uhr: Telefonate. Mit Freunden. Und während wir reden, werden auf dem ältesten, ehemals lärmenden Rechner Office 2010 und Office 2013 Partitionen gelöscht, damit noch genug Platz ist, um die aktuellsten Windows 10 pro 64-bit Updates (KB5022282) einzuspielen.

13:30 Uhr: Auf Deutschlandfunk Kultur den zweiten Teil der Sendung "Breitband" abgerufen. Als der Sender aktiviert wurde, läuft Musik. Und als diese zu Ende ist, wird ein weiterer Musiktitel angesagt (sic!). Das Thema dieses Tages lautet "Medfluencer" und kommt irgendwann auch noch vor.

Da das nicht für einen ganze Sendestunde reicht, geht es auch noch um das Thema der Nachrichtenmüdigkeit (Apathie, Verdruss, Desinteresse) und um konstruktiven Journalismus, über dessen Ansatz inzwischen "mehr als 12 Studien" vorliegen würden... danach kommen solche Beiträge eher bei jenen Leuten gut an, die noch über keine grosse Vorbildung zu dem dargestellten Thema verfügen.

14 Uhr: Inzwischen ist die "Datenträgerbereinigung" fast beendet und die Installation des letzten "kumulativen Updates" kann fertiggestellt werden. Damit ist die Zeit, um noch irgendwelche Hotlines anrufen zu können, vorbei. Also wird stattdessen eine kleine Mittagspause eingelegt und beim Essen nochmals Deutschlandfunk Kultur angeschaltet. Denn es gibt in der Sendung "Rang 1, Das Theatermagazin" ein Telefon-Gespräch von Susanne Burkhardt mit Charly Hübner und Hans-Dieter Schütt über deren gemensames Gesprächs-Buch: HÜBNER Backstage. Beim Onlinesuchen nach diesem Beitrag springt Dir auf der Webseite dieses Senders dieses Bild an:

Ah... da ist er nochmals, der Hinweis auf den "Konstruktiven Journalismus" und zugleich und darüber hinaus der Blick auf all jene Szenen, die das eigene Leben geprägt haben: Das TV-Studio ebenso wie die Bühne, die DDR ebenso wie der Name Hübner - und die Bereitschaft, nach all den medialen Anverwandlungen und Anmassungen wieder bei der Realität des Theaters ankommen zu wollen.

15 Uhr: Mit dieser Pause und diesen Reflexionen Zeit verloren, die ich angeblich habe? Nein, sicher nicht. Denn es ist wichtig, über all diese alltäglichen Herausforderungen der elektronischen und digitalen Welten hinaus immer wieder die eigene Orientierung auszupeilen und auszuloten

Auch hier als pars pro tote für diesen Reflexionsprozess der Hinweislink auf den Eintrag vom Montag, den 16. Jänner 2023, in dem die Beschäftigung mit aktuellen Zukunftsfragen einem Radio-Beitrag aus den Sechzigerjahren und den dort beschriebenen Zukunftsfragen gegenübergestellt wird:

 DLD 2023: Beyond Now?!

15:30 Uhr: Wir sind - endlich - startbereit. Aber kann man sagen, dass sie bislang verbrachte Zeit nicht produktiv genutzt wurde? Vielleicht sagt wirklich manchmal ein Blick auf eine Bild mehr als tausend Worte?! Hier ein Blick auf den dritten von drei Monitoren, die direkt am eigenen Arbeitsplatz aufgestellt sind.

Darin sieht man den Startbildschirm des wieder aktualisierten und nunmehr nicht mehr lärmenden Rechner, der sogleich in Betrieb gehen wird, Man sieht die "Geiergriff"-Funktionsaufforderung, auf der Tastatur drei Tasten zugleich zu drücken. Und man sieht auf dem Bildschirm das Foto von Menschen, die mit ihren - hier in Gelb eingefärbten - Brillen versucht sind, auf der zweidimensionalen Leinwand ein dreidimensionales Bild zu erhaschen. Ein Thema über die Bedeutung der "vierten Wand" und der "dritten Dimension" einer Projektionsebene, das mich viele Jahre, ja, Jahrzehnte beschäftigt hat - bis heute.
Und man sieht davor auf der linken Seite den Screen eines schon älteren Telefons, der nur noch als Uhrzeitanzeiger eingesetzt wird, auf der unteren Mitte des Bildes mehrere mit der Feder nach unten aufgestellte Füllhalter mit den Tintenfarben rot, blau und schwarz und auf der rechten Seite das eigene Firmenloge, das an dem Monitor angebracht ist.

Wir sind im Büro und es ist Zeit, weiterzumachen.

16:00 Uhr: Auch ohne Hotline gibt es auf der Webseite der Firma LEXWARE die Info,

Aktuelle Lexware Produkte unterstützen das Betriebssystem Microsoft Windows®, sowohl in der 32-Bit als auch in der 64-Bit Variante.

 [1], gültig für alle Intel- und AMD-Prozessoren. Gut so, also machen wir uns ans Werk.

Die ID und das PW sind im Browser hinterlegt und so gelingt der Zugriff ohne Probleme.
Anstatt die Frage zu klären, ob das Programm Lexware buchhalter plus parallel auf einem zweiten Rechner installiert werden kann, wird zunächst einmal die Funktion "Rechnerwechsel" aufgerufen und die entsprechende Dokumentation [2] abgerufen und studiert.

16:30 Uhr: Während auf dem nun bereinigten Rechner die Datensätze vom Stand 2021 nochmals gesichert und die Softwarestände aktualisiert werden, sind im Deutschlandfunk die Kollegen Kloiber und Welchering in der Sendung Computer und Kommunikation dabei zu berichten, wie es ChatGPT auch gelungen ist, Software zu schreiben, mit der Einbrüche und andere Hässlichkeiten begonnen werden konnten.

Auch dieses Thema wurde ja in dieser Woche mit Bezug auf das Thema Lernen und Lehren an der Hochschule in einem eigenen Beitrag ausführlich besprochen:
 (VI) Farewell MCI: Design Thinking & Idea Development

18 Uhr:

Trotz solcher positiven Meldungen vom bisherigen Bestandsrechner: Auch zu diesem Zeitpunkt konnte die Migration der Lexwareprogramme Buchhalter und Reisekosten noch nicht abgeschlossen werden. Um die Routinearbeiten und ärgerlichen Fehlermeldungen nicht zu nahe an einen herankommen zu lassen, wurde erneut das Radio angeschaltet und das Medienmagazin auf Radio 1 angehört. Mit, einmal mehr, dem ’eigenen’ Sender als einem der Schwerpunktthemen...

19:00 Uhr. Alle Lexware-updates sind auf dem neuen Rechner installiert, aber keine einzige Software akzeptiert die vorliegenden - und nochmals überprüften - Seriennummern. Also werden alle Daten nochmals erfasst und zurück an die Zentrale geschickt. Alles weitere dann ab Beginn der Folgewochen "0800 723 41 75 (Mo.-Fr. 8 Uhr bis 18 Uhr)"

Stattdessen wird die inzwischen neu installierte :buhl-Software aufgerufen, um die noch ausstehenden Überweisungen auszuführen.

20:00 Uhr: Ja: die ARD-tagesschau wird geschaut und danach nochmals ein Zug durch die Geschäfte gemacht, die alle um 21 Uhr schliessen. Bis auf den Türken, der auch danach immer noch Fleisch auf seinem Spiess stecken hat. Also auch dort nochmals eingekehrt und einen Dürüm, nur mit Fleisch und scharfer Sosse, eingekauft. Aus Eigeninteresse; aber auch in dem Wissen, dass alles, was an diesem Abend nicht mehr abverkauft wird... auf dem Müll landet (nein, einfrieren und dann weiter verarbeiten, das gäbe es bei ihnen nicht, der Spiess müsse an jedem neuen Tag ein frischer sein: "iyi akşamlar").

21:30 Uhr: Vor der Abendspeise noch einen Geburtstags-Anruf und dabei auf französisch mit der Frau des Hauses parliert. Die letzte an diesem Abend noch geöffnete Mail ist von einem Freund, der von diesem Film berichtet, der ihn um den Schlaf gebracht habe:
https://www.3sat.de/film/dokumentarfilm/oeconomia-100.html

Sind Ökonomie und Finanzwirtschaft gut erklärbar? Carmen Losmann beweist mit ihrem Dokumentarfilm, dass es geht. Sie steigt in die Herzkammern der Finanzindustrie, um mit Banker:innen und Manager:innen über die Frage zu sprechen, wie Geld und Gewinne entstehen. Im Zentrum des Filmes stehen die Interviews, in denen Carmen Losmann das neoliberale Mantra vom Wirtschaftswachstum beharrlich hinterfragt

23.30 Uhr: Zur guten Nacht dann nochmals etwas Nacht-Zeit-Verschwendung: Mit der Vorbereitung des Beitrags für den nachfolgenden Sonntag: Post 2011: Wieder ein Hasen-Jahr

P.S.

Unmittelbar nach diesem Beitrag, am Sonntagmorgen ab 9:30 Uhr, wird im Deutschlandfunk in der von Barbara Schäfer verantworteten Reihe "Essay und Diskurs" dieser Beitrag von Marlen Stoessel gesendet: Von Zeitgewinn und Zeitverlust.

Die Geschäfts- und Arbeitswelt prägt heute das Motto „Zeit gleich Geld“. Paradox ist: In der digitalen Welt entsteht Zeitgewinn bei gleichzeitigem Zeitverlust.
Soziologie und Philosophie, Wirtschaft und Gesellschaft beschäftigt das Thema. Zeit haben, Zeit gewinnen, keine Zeit haben oder Zeit verlieren – ständig tauschen wir uns über dieses Erleben aus wie sonst nur noch über das Wetter.
Nachrichten erreichen uns über räumliche Fernen hinweg nahezu synchron und sind oft im nächsten Augenblick wieder überholt. Ihre Flut tilgt jeglichen Zeitgewinn, verändert oft die Substanz der Mitteilung selbst. Was uns mit den digitalen Hilfen die Arbeit erleichtern, sie also auch beschleunigen oder gar abnehmen soll, kehrt sich immer wieder ins Gegenteil um: Einsparung von Zeit kostet Zeit. Unser kostbares Gut, Zeit, wird gewogen und aufgewogen nicht in Lebensqualität, sondern quantitativ in Algorithmen und Geld. Was aber ist das für ein Gut, dessen Knappheit wir dauernd beklagen oder als Banner vorgeblicher Wichtigkeit vor uns hertragen?
Marleen Stoessel findet Antworten von Augustinus bis Hartmut Rosa. Sie ist promovierte Literaturwissenschaftlerin, arbeitete als Hochschuldozentin, Dramaturgin und Theaterregisseurin und lebt heute als freie Essayistin und Kulturpublizistin in Berlin und veröffentlichte zuletzt das Buch „Lob des Lachens – Eine Schelmengeschichte des Humors” im Insel Verlag.

Anmerkungen

[1ausser dem Programm "neue steuerkanzlei", das nur auf einem 64bit-Betriebssystem läuft.

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