Die Buchmesse wird 75! Und die vom System jeweils Totgesagten?

VON Dr. Wolf SiegertZUM Donnerstag Letzte Bearbeitung: 21. Oktober 2023 um 15h34minzum Post-Scriptum

 

Prolog

:

Nein, es kann nicht von der EDV des Veranstalters der Buchmesse in Frankfurt am Main verlangt werden, sich alle BesucherInnen gemerkt zu haben, die sich jemals dort angemeldet und ihren Eintritt organisiert haben.

Aber wie ist es mit jenen Einträgen, die In den letzten Jahren über die Plattform "My Book Fair" eingestellt und bearbeitet wurden?

Dort angemeldet, seitdem es dieses gibt. Aber jetzt, nach der SarsCov-19-Sperre, werden offensichtlich auch all jene aus dem System ausgesperrt, die in den vergangenen Jahren nicht auf der Buchmesse persönlich erschienen waren oder sich dort akkreditiert hatten.

12. Oktober 2023:

Bei der Eintragung bislang immer gültigen Mail-Adresse und Passwort erscheint die Antwort, dass diese "nicht korrekt" seien ...

... aber das ist nicht korrekt. Mail-Adresse und Passwort waren korrekt, aber ein Anruf beim Service-Center ergibt nach einer Sichtung der Datenbank, "dass Sie das System abgeschaltet hat".

Früher, in den alten analogen Zeiten nannte man das, das Aussortieren von Karteileichen. Heute wird mit der Formulierung "nicht korrekt" dasselbe zum Ausdruck gebracht - ohne es deshalb noch ausdrücklich sagen zu müssen.

Was tun?

Technisch gesehen, lässt sich diese missliche Auskunft dadurch aufheben, dass man sich einfach neu anmeldet, alle Daten neu einträgt und erneut eine Akkreditierung beantragt:

Dennoch ist damit der Rückblick auf die Geschichte der vielen vorangegangenen Besuche auf der Buchmesse - selbst zu Zeiten, als der Suhrkamp-Verlag noch seine Heimat in Frankfurt am Main hatte - aufgehoben, ausser Kraft gesetzt, vernichtet... [1].

... "don’t cry about spilt milk" - eine Lappalie also? Ja und Nein. "Ja", weil man diesen im System einprogrammierten Adressenvernichtungsschritt durch einen Neueintrag schnell wieder rückgängig machen kann. Und "Nein": Weil man ihn damit eben nicht rückgängig gemacht hat, sondern als NewBee zwar neu eingetragen, aber mit seiner Geschichte als Messebesucher ausgegrenzt wurde.

[...]

16. Oktober 2023:

Bis zu diesem Tag ist keine Mail-Nachricht mit einer Bestätigung der Akkreditierung eingegangen. Alles abermals durchsucht [2]. Also am späten Nachmittag ersatzweise die URL "buchmesse.de" aufgerufen und das Login mit den neuen (erneut verwendeten Daten) ausgeführt.

Es erscheint diese Nachricht:

Jetzt kommt doch noch Hoffnung auf. Doch dann, auch bei mehrfacher Wiederholung der Prozedur, wird immer nur diese Mitteilung angezeigt: :

Ein Anruf unter dieser ’Service’-Nummer ...

... führt auch nicht weiter, da, so die Ansage, diese - und das direkt vor Messebeginn (sic!) - nur bis 17 Uhr erreichbar sei.

Hören wir uns stattdessen lieber an, was Toni Schachinger [3], mit ECHTZEITALTER der Gewinner des Deutschen Buchpreises 2023, zu sagen hat:

17. Oktober 2023:

Hier stattdessen der Link zum Livestream der Eröffnungspressekonferenz um 11 Unr.

An diesem Tag vor 17 Uhr erneut die Service-Line angerufen und um Aufklärung gebeten. Und die kommt dann auch prompt und ungeschminkt: Ja, es habe Probleme gegeben, und das nicht nur in diesem Falle. Aber man würde jetzt versuchen, das System nochmals per Hand freizuschalten, oder das PDF mit dem Presseticket per Mail zuzusenden. Wir versuchen die gesamte Prozedur nochmals in Gang zu setzen und sind - letztlich - erfolgreich, siehe Anlage [4].

18. Oktober 2023:

Einladung der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH in die Halle: 3.1, Stand: F33

„Schluss mit den digitalen Menschenrechtsverletzungen! Oder sind wir nicht alle ein bisschen behindert?“

In realen Kurzgeschichten zeichnet die Autorin Peggy Reuter-Heinrich in ihrem Buch ein düsteres Bild einer digitalen Welt, die Menschen mit Einschränkungen aus der Teilhabe ausschließt, sie sogar daran hindert.

Und hier: Die Ankündigung eines neuen Buches, das bis in die Zeit nach der Digitalisierung hinausweist und vielleicht schon im Folgejahr in der deutschsprachigen Fassung auf diesem Stand vorgestellt wird:

© Springer 202(?) by NN.

Social and Professional Life Beyond Digitalization
Challenges and Perspectives

In this book by the German "Doyen of Digitalization," the author, drawing upon extensive intercultural expertise and decades of professional experience, sheds light on the post-digitization landscape. Moving beyond the realms of social media and artificial intelligence, this work offers profound insights that transcend conventional digital literature.

Engaging in critical conversations with industry leaders, the author tackles pressing questions. What challenges lie ahead after the digital revolution? Has the analog always been a part of our existence? Will the digital supplant the analog and where will this transformation occur? Exploring the concept of "universal scholarship," the book probes whether computers can inherit this role. It contemplates the historical disruptions caused by figures like Luther and Leibniz and questions the nature of reality versus truth.

This thought-provoking book is an essential reading for professionals in the field and for anyone seeking to explore the post-digitization era and its far-reaching implications on our professions and society.

P.S.

Vielleicht hätte dieses Thema nicht diesen Beitragsplatz auf einer dieser Seiten erhalten, wenn dem nicht das belastende Thema der Ausgrenzung schon sehr viel länger vorangegangen wäre. Nicht nur, dass die Promotion über Brechts Exilwerk "Die Tag der Commune" ein faktisches Berufsverbot sowohl in der DDR (als Westdeutscher) als auch in Westdeutschland (als DDR-Bewohner) mit sich gebracht hat. Nein: bei der Suche nach einem Verlag für eine neue Publikation wurde das erneute Anklopfen bei Suhrkamp - nun nicht mehr in Frankfurt am Main sondern in Berlin - mit den Hinweis aus der Verwaltung überhört, dass nicht nur der dort verlegte Brecht-Band ...

... nicht mehr ausgeliefert würde, sondern dass der Herausgeber und Autor mit dem Namen "Siegert" in keinem ihrer elektronischen Verzeichnisse noch aufzufinden sei (sic!).

Anmerkungen

[1Der Nachweis ist dadurch erbracht, als bei der Neuanmeldung genau die identische Mailadresse und das gleiche Passwort Anwendung finden - und vom System akzeptiert werden...

[2Zur Wahrheitsfindung ist am 17. 10. zu ergänzen, dass an diesem Tag dann doch eine Mail-Nachricht im SPAM-Ordner gefunden wurde, wonach die Anmeldung erfolgreich gewesen sei:

Ihr Weg zum Presseticket:
Bitte loggen Sie sich in Ihren MyBookFair-Account ein und gehen Sie in der Übersicht auf „Presse“. Dort können Sie Ihr Presseticket herunterladen.

An den nachfolgenden Prozessschritten aber hat sich nach wie vor nichts geändert. WS.

[3

Tonio Schachinger, geboren 1992 in New Delhi, studierte Germanistik an der Universität Wien und Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Nicht wie ihr, sein erster Roman, stand 2019 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis, war für den Rauriser Literaturpreis nominiert und wurde mit dem Förderpreis des Bremer Literaturpreises ausgezeichnet. Tonio Schachinger lebt in Wien.

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