Eine Frage der Moral?

VON Dr. Wolf SiegertZUM Montag Letzte Bearbeitung: 23. Juli 2017 um 23 Uhr 33 Minutenzum Post-Scriptum

 

Kann man es sich leisten, auf gut bezahlte Anzeigen in seiner Publikation zu verzichten, wenn diese andere Inhalte zum Gengenstand hat, andere Positionen vertritt, als die Publikation selber?

Diese - seit langem virulente - Fragen hat in den letzten Woche einmal mehr die Öffentlichkeit ebenso beschäftigt wie den Autor und Herausgeber dieser Online-Publikation.

Es gibt einen Teil dieser Frage, die hier - obgleich genauso virulent - nicht öffentlich diskutiert werden wird, aber doch jeder und jedem ans Herz gelegt werden sollte: Bis Du bereit in Räumen, die zur Verwaltung und Sicherung Deiner Positionen errichtet wurden und betrieben werden, die Veröffentlichung von Propaganda zuzulassen, die diesem Streben eine eigene konkurrierende Position entgegenstellt - und damit geeignet sein könnte, Dir und den Grundlagen Deiner Arbeit das Wasser abzudrehen?

Ein anderer Teil dieser Frage wurde jetzt wieder aufgerufen, als eine ganzseitige Propaganda-Anzeige für die aktuell herrschende politische Mehrheitsmeinung in der Türkei in Publikationen wie der Süddeutschen Zeitung geschaltet [1] werden konnte.

Zu der Mitte Juli 2017 geschalteten Anzeige sei an dieser Stelle auf die folgenden drei Berichte, bzw. Kommentare verwiesen, die die unterschiedlichen Standpunkte nochmals deutlich machen:

 Stefan Winterbauer in MEEDIA vom 17. Juli 2017 ab 10:51 Uhr:
Debatte um Türkei-Jubel-Anzeige in der Süddeutschen: Bärendienst der Anzeigenabteilung

Bei der SZ sind Anzeigen und Redaktion immer noch getrennt. Vielleicht in diesen Fällen sogar ein bisschen zu sehr getrennt. Es wirkt hier so, als kämen die Anzeigenabteilung und die Redaktion von zwei verschiedenen Planeten.

 Silke Burmester im Deutschlandfunk am 20. Juli 2017:
Springer-Verlag macht Werbung für Yücels Gefängnis

Die Empörung richtet sich gegen die Bigotterie der Süddeutschen Zeitung, die immer so hübsch für die Demokratie schreibt, sich aber nicht zu fein ist, Geld von der bösen Türkei zu nehmen. Und Klaus Brinkbäumer, Chefredakteur des Spiegel und Tanit Koch, Chefin des wiedererwachten Kampagnenblattes BILD ebenso wie die Presseabteilung der "Zeit" behaupten, sie hätten das unmoralische Anzeigenangebot abgelehnt.
Lustigerweise hatte "Die Zeit" vor drei Wochen eine Jubelbeilage über die Türkei im Gepäck. Ebenso wie die FAZ. Was aber niemandem Pulsrasen verursachte.

 Vera Linß in der Sendung "Breitband" vom Deutschlandfunk Kultur am 22. Juli 2017:

Werbe-Eklat bei der „Süddeutschen“
Vergangene Woche sorgte die Süddeutsche Zeitung mit einer ganzseitigen Werbeanzeige für Unruhe in der Medienwelt: Am Jahrestag des türkischen Putschversuchs veröffentlichte die Zeitung eine Anzeige der Union der Kammern und Börsen in der Türkei. Die Seite mit der Überschrift „Sieg der Demokratie über den Terror“ las sich Erdogan-freundlich und zog allerlei Kritik nach sich. Vera Linß berichtet über die Medienreaktionen und deren politische Hintergründe.

Verantwortungslos oder pragmatische Medienrealität? Die Türkei-Werbung in der SZ

P.S.

Im Nachgang zu dieser Publikation - als auch zu internen Debatten im eigenen Verband - wurden auch immer wieder die eigenen Positionen der an dieser Debatte jeweils Beteiligten hinterfragt.

Und das war nicht ohne... bis hin zu der Frage, ob die Mitgliedschaft in einer Partei mit dem Status des Journalisten vereinbar sei oder nicht?

Daher, in aller Kürze, dieses zur eigenen Person:

 keine Mitgliedschaft in keiner Partei

 Mitgliedschaft in gewerkschaftlichen Organisationen (DJV & GEW)

 Mitgliedschaft in Medien-Organsationen (DCS und VRBB)

 Keine Verträge mit Einrichtungen aus den Sektoren Militär & Drogen (auch Alkohol und Zigaretten)

 Keine Verträge mit Einrichtungen mit unbekannten Finanzierungsquellen.

WS.

Anmerkungen

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