Schon heute Mittag hatte die Zeit nicht zur Teilnahme an der Pressekonferenz gereicht. [1]

Und nun, zum Abend-Empfang im Roten Rathaus, hatte sich nach einem heftigen Regenschauer die Ankunft um eine halbe Stunde verspätet.

Beim Betreten des Wappensaals des Berliner Rathauses war auf weiter Flur - kein Politiker mehr zu sehen: Ausser auf dem Wandbild von Anton Alexander von Werner über den "Berliner Kongress von 1878" [2].

Die eingeladenen Gäste waren schon wieder unter sich. Hatte überhaupt ein Dialog mit der Politik stattgefunden? [
Dazu Christine Heuer in einem Interview mit dem Schriftsteller und P.E.N.-Mitglied Burkhard Spinnen in der Sendung " Informationen am Morgen " am 22. Mai 2006 um 8:20 Uhr:Heuer: Haben Sie denn den Eindruck, Herr Spinnen, dass die Politiker genug wahrnehmen, was sich da an neuer Literatur ihnen anbietet?
Spinnen: Ach, da bin ich jetzt mal ebenso frech wie milde. Ich glaube es hat nie eine Epoche gegeben, in der sich Politiker aus ihrer Abendlektüre die allermeisten Anregungen für die Tagespolitik holen. Ich kann das sehr gut verstehen. Wer den ganzen Tag über sich durch Protokolle und Verlautbarungen und was weiß ich gefressen hat, dürfte kaum die Ruhe dafür haben. Ratsam wäre es schon, aber wir dürfen niemals wünschen, dass wir mit Literatur die Welt verändern, und zwar von oben herunter. Das ist noch nie passiert und das wird einfach nicht passieren.
Und hier nochmal das Ganze als Link auf die www.dradio.de-Seite: "http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/05/22/dlf_200605220820.mp3":
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Dennoch war dieser Empfang aus persönlicher Sicht ein Gelungener.
Er gab Gelegenheit, eine über viele Jahrzehnte hochgeschätzte Verlegerin wiederzusehen und erstmals auch einige Worte mit Günter Grass gewechselt zu haben: Über sein Fussball-Interview in den Lübecker Nachrichten*) und das Vordringen des Digitalen "von dem wir hier so gar nichts verstehen".
Herr Grass meinte, dass er von seiner Sympathie für die Teams in Lübeck und St. Pauli keinen Hehl machen wolle und jeder wissen könne, dass ihm diese Mannschaften näher stünden als ein Verein wie Bayern München. Und ein weiteres Interviews werde er zu diesem Thema sicherlich nicht geben - trotz der inzwischen eingegangenen "hunderten von Anfragen".

Nach diesen Gesprächen wurden dann auch der Reporterpflicht entsprechend einige Bilder aufgenommen. Wenn auch ohne Blitz und Bitten. Entstanden sind deren aber nur wenige, da sich nach den Politikern auch der Akku allzu schnell verabschiedet hatte: Ein unverkannbares Signal an den Verfasser dieser Gebrauchstexte, sich ebenfalls aus dieser ehrenwerten Gesellschaft alsbald wieder zu verabschieden.
WS.
*) Da das Interview der Lübecker Nachrichten vom 15 . April mit Günter Grass online nicht (mehr?) abrufbar war, stattdessen, aus der gleichen Quelle die
dpa/extra-Meldung
aus Lübeck von 17:06 Uhr, die sich darauf bezieht:
Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass hat sich als großer Fan von Fußball-Bundestrainer Jürgen Klinsmann geoutet.
"Er hat den Mut gehabt, junge Leute mit wenig internationaler Erfahrung aufzustellen, und es war an der Zeit, das zu machen", sagte Grass in einem Interview der "Lübecker Nachrichten".
Angesichts der zum Teil heftigen Kritik an Klinsmann bewundere er "den Mann, dass er das aushält". "Ich kenne die Situation, in der Klinsmann steckt, aus meinem Beruf, ich bin auch oft ins Kreuzfeuer der Kritik geraten und weiß, wie anstrengend es ist, solche Situationen durchzustehen", sagte Grass weiter. Dabei sei es "kein Unglück", wenn das deutsche Team nicht weit komme bei der WM. "Wenn sie die erste Runde überstehen, vielleicht auch die zweite und die dritte, dann freut man sich ganz einfach."