MedienTageMünchen (1.Tag)

VON Dr. Wolf SiegertZUM Mittwoch Letzte Bearbeitung: 27. Oktober 2013 um 00 Uhr 15 Minuten

 

Es gelten die Regeln des Urheberrechts all rights reserved

Fragebogen vom letzten Jahr ausgefüllt? Ja.
Und der Veranstalter freut sich, zum nächsten Jahr einladen zu können.

Gut vorbereitet für den heutigen Tag? Ja.
und Ines Pohl, ‏@inespohl, freut sich am Nachmittag des Vortages auf die Aufgabe, die Elefantenrunde zu bändigen:

#medientage letzte vorbereitungen für die bändigung der elefantenrunde, freu mich auf eine spannende diskussion zum oberthema mobile life

Braucht der Mensch wirklich solch "erfreuliche" Infos?


Daher an dieser Stelle auch schon eine Vorankündigung in eigener Sache:

Es wird in diesem Jahr von dieser Veranstaltung kaum Fotos und nur wenige Berichte, dafür um so mehr Kommentare und Unerwartetes geben; Sachen, die man so woanders nicht so leicht wird finden und lesen können.


Aus den Reden der drei Protagonisten aus Aufsicht, Politik und Rundfunk wird eines ganz klar. Die Nachricht heisst: "Wir haben verstanden".

Und die unterschiedlichen Vorschläge zeigen, dass es jetzt darum geht, wie diese Einsicht in die neuen Herausforderungen auch zu neuen Arbeitsaufgaben führt.

Die Aufsicht profiliert sich als Veranstalter mit neuen Formaten zum Vorteil der Medientage, die Wirtschaftsministerin profiliert sich damit, gleich viermal in ihrer Rede von "Kreativität" zu sprechen, und der Intendant stellt das Thema des Vertrauens und Datenmanagements in den Vordergrund.


In der Elefantenrunde geht es zunächst um die neue Interdependenz von Medien und Wirtschaft, und alle Befragten stimmen diesem neunen Modell der Integration der Medien in das Wirtschaftsministerium zu: Siegfried Schneider (BLM), Conrad Albert (ProSiebenSat.1) und Thomas Bellut (ZDF).

Spannend: Brian Sullivan (SKY) outet sich als Google-Liebhaber UND als Gegner der Google-Plus- und der Facebook-Nutzung, da er nicht bereit sei, seine Persönlichkeit zur Vermarktung freizugeben.

Tobias Schmid (VPRT) stimmt zu: "Je mehr man mit diesen Medien umgeht, desto behutsamer wird man." Und sagt auch weitere kluge Sätze, die Konsens finden, wie: "Wir verwechseln die Darreichungsform der Medien mit den medialen Inhalten." (Oder: "Wir machen Fernsehen und keine Fernseher" :-) [1]

Aber auch Dirk Ippen (MZV) ist weder mundfaul noch pessimistisch: "Der Wettbewerb ist ein kreatives Entdeckungsverfahren". "Mir ist um die Zukunft - auch der Zeitung - nicht bange". "Entweder Online oder Schlafen oder Tod".

Caja Thimm (Uni Bonn): Das TV-Lagerfeuer der "Tatort"-Sendungen wird orts- und zeitversetzt durch sogenannte "portable Communities" kommentiert.

Auch Philipp Justus (Google) schaut am Sonntagabend "Tatort". Und sagt, dass es die hervorragende Aufgabe des Journalismus sei, zu moderieren, zu ordnen, als Gatekeeper zu fungieren.

Die wichtigste Frage von Ines Pohl (taz): Wenn Frank Schirrmacher in einem Twitter-Beitrag als erster über den Tod von Marcel Reich-Ranicki berichtet, kann das wirklich so gewünscht sein?


Ines Pohls weiterführendes Thema: "Qualität kostet" ist zwar nett angesagt, wird aber dann je nach Belieben so aufgefasst, dass der Kern der Frage unbeantwortet bleibt.
— Albert: keiner von uns hat Angst, sich diesen neuen Herausforderungen und dem daraus resultierenden Wettbewerb zu stellen. Aber die Regeln dieses Wettbewerbs sind an die Verhältnisse des neuen Jahrtausends anzupassen, und zwar anbieterübergreifend. "Es muss jetzt gehandelt worden."
— Schmid: stimmt zu. Die Häuser haben gute Wachstumsraten. "Wir wären denn jetzt soweit - jetzt muss es jemand machen." Denn: Die Zeit, dass sich klassische Mediengattungen noch in lineare und nicht-lineare unterscheiden lassen, läuft aus.
— Sullivan: Anders als in den USA haben die Privaten und die Öffentlich-Rechtlichen in Europa ein wie auch immer geartetes Gleichgewicht. "German Angst"? Nein: Deutschland sei einer der eher offenen Märkte, in dem er gerne arbeiten mag.
— Ippen: Ein nationaler Anbieter wie SKY oder ProSiebenSat.1 soll nicht regional werben dürfen.
— Albert: Widerspricht Ippen. Die einst klassische Allianz "der Privaten" bricht auf. Die TV-Kinder beginnen, ihren Gründungsvätern aus der Print-Welt zu widersprechen.
— Schneider: auf den nationalen Markt ist die Vielfalt gegeben, in den regionalen Märkten nicht mehr.
— Thimm: Der Schutz der KünstlerInnen bedarf einer neuen Urheberrechtsvereinbarung. Die Kulturflatrate ist unfinanzierbar und unrealistisch. Die Debatte darüber aber war und bleibt nützlich. Aber sie selber hätte auch keine Lösung parat.
— Bellut: "Das ist verdammt kompliziert". Wir müssen für die Zukunft zurückhaltend sein. Abgaben - etwa für eine Zeitung - sind schwierig. Auch wenn keiner in Zukunft auf Zeitungen verzichten möchte.
— Justus: Das Thema der Finanzierung von Geschäftsmodellen hat nicht nur mit Regulierung zu tun, sondern auch mit Werbung. Und hier muss man innovativ sein. "Und da ist Google nicht Wettbewerber, sondern Partner". Das Ziel von Google ist es, Inhalte so relevant wie möglich den Nutzern bereitzustellen, nicht aber, BigData zu monetarisieren. Gewiss: "Wir haben Algorithmen, die festlegen, welche Inhalte weiter oben stehen und welche unten, und treffen damit eine Vorauswahl". Aber die Grundlage des Geschäftes sei Vertrauen und Relevanz.

Damit belegt die Diskussion, was zuvor behauptet wurde: Das "Wir-haben-verstanden"-Modell soll nun in seinen neuen Formen und Varianten ausgestaltet werden, die "Mühen der Ebene" werden auf einem neuen Level neu erfahren und definiert werden.

Anmerkungen

[1Was die Frage noch nicht beantwortet, wie es denn um all die Fernseher-Macher steht, die Fernsehen machen (wollen).


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