CEBIT News. Messe sortiert Digitalthemen neu. CEBIT Hannover wird abgesagt
"Computermesse Cebit soll eingestellt werden"
Diese Nachricht in der dem erst in diesem Jahr neu eingeführten blau-gelb-Design zeigt, wie Geschichtsvergessen jetzt auch das Gesamtprojekt abgewickelt wird.
Siehe dazu - aus eigener Hand den Beitrag - vom 15. Juni 2018 [1] :
"CEBIT statt CeBIT, der Kommentar"
Die Liste der Kommentare, die im Verlauf dieses Tages angesichts dieser Entscheidung noch eingehen werden, wird lang sein und einer späteren Auswertung vorbehalten bleiben.
Nach den ersten aktuellen Stellungnahmen, an dieser Stelle seien diese zwei zitiert,
– der Beitrag aus dem Gespräch mit dem Niedersachsen-Korrespondenten des Deutschlandradios Alexander Budde in der DLF-Sendung "Deutschland heute", ab 14:10 Uhr:
– die Stellungnahme vom Ministerpäsidenten des Landes und ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt Hannover (2006 - 2013) , Stephan Weil, als O-Ton, der zur gleichen Zeit in unserem Postfach eintrudelte:
wird es mehr und mehr Rückblicke geben in denen auch nochmals Bilder aus vergangenen Tagen hervorgekramt werden:
– auch hier als eines der ersten Beispiele dieser Art die "Geschichte in Bildern" aus der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung von heute [2]: "Cebit-Historie. Wo Gerhard Schröder fasziniert mit einer Uhr telefonierte".
Danach werden wir vor allem die Stellungnahmen der Verbände zu hören bekommen, und irgendwann werden sich mehr und mehr Einzelstimmen mit ihren eher persönlichen Beiträgen melden, bis hin zu den MitarbeiterInnen, die sich nun nach neuen Aufgaben umsehen werden müssen.
Danach wird das ganze Thema erst einmal auf Eis gelegt werden, bevor dann irgendwann nochmals ein spätes Erkenntnisinteresse erwachen und gefragt werden wird, was denn das Ganze nun für uns bedeutet.
Wenn die Zeit dann reif sein wird für eine solche Betrachtung wird, hoffentlich auch diese hier zunächst nur im Überflug skizzierte Position zur Sprache kommen oder aber aus der eigenen Feder heraus nochmals fixiert werden [3].
Das Thema wird dann aber nicht mehr die CeBIT (bzw. im letzten Jahr "CEBIT") sein, sondern die Geschichte des Aufstiegs eines Brands, das - selbst oder zumal im Ausland - zu den bekanntesten deutschen Marken seiner Art überhaupt zählt.
Aber alles das schien schon seit längerem nicht mehr gezählt zu haben: Bereits die Verleihung des German Brand Award für Markenrelaunch der CEBIT im Juni dieses Jahres hatte schon was von dem letzten Aufblühen eines Gewächses, das schon zum Sterben verurteilt war.
Oder, wie in dem Beitrag vom 11. Juni 2918 "The first new CEBIT 2018" mit Verweis auf diesen Tweet formuliert:
Die Anti-These, auch wenn viele sie nicht hören mögen, zumal sie sich nicht gerne an den Eintrag vom letzten Jahr erinnern werden: Dieser Versuch sei der des Ertränkens der nun 33 Jahre alten CeBIT in dem Jungbrunnen einer digitalen Welt.
Hier geht es wahrlich nicht darum, sich einen zu feixen, weil man mit seinen Prognosen Recht behalten hat, sondern es geht um viel grundlegendere Fragen, die - wie gesagt - erst mit einem gewissen Abstand von dieser Entscheidung diskutiert werden werden.
Eine dieser Fragen lautet: Warum "wir" zuförderst in der Lage sind, vor allem all jene Fortschritte zu promoten und zu verkaufen, die sich vergegenständlichen, bzw. in Form von Gegenständen repräsentieren lassen.
Der Niedergang und das unaufhaltsame Ende der CeBIT war umso deutlicher vorherzusehen, je massiver die Probleme wurden, auf dieser Messe auch virtuelle Güter und Dienstleistungen als Träger der Wertschöpfung präsentieren zu können.
Anders gesagt, das sehr früh schon absehbare Dilemma dieser Messe hatte damit zu tun, dass "die Computer" immer kleiner und damit - scheinbar - immer unsichtbarer wurden, während sich ihre Wirkmächtigkeit im Gegensatz dazu immer mehr steigerte.
Eine in ihrer Gegensätzlichkeit durchaus kohärente Entwicklung, die aber irgendwann mit dem Versuch kollidieren musste, immer noch mehr Ausstellungsfläche verkaufen zu wollen.
Interessant ist - und dieser Gedanke kann hier nur angedeutet werden - das "wir" uns in der geistesgeschichtlichen Entwicklung dieses Landes - immer noch - auf dessen besondere Ausprägung als ein Land der "Dichter und Denker" beziehen, auch wenn dieser Traditionsgedanke heute in einem ganz anderen Kontext und Connex wieder aufgegriffen und weitergeführt wird.
Überspitze formuliert (und mehr ist an dieser Stelle zunächst noch nicht möglich zu sagen): anstatt sich erneut mit den Methoden wie jenen der Dialektik Hegels zu bedienen, lassen wir uns - kopflos geworden - von so erfolgreichen Modellen wie jenen des Design Thinkings oder Scrum-Managements dazu verführen, die eigene Denktradition und Schule nicht nur zu vernachlässigen, sondern zu vergessen.
Das hat zur Folge, die besondere Qualität dieser Wertschöpfungskultur n i c h t mehr wahrnehmen zu können, oder sie sogar in jene neuen Softwareformate abzubilden, wie sie etwas in der KI stecken, um sie dort und damit zu einem neuen "Leben" zu erwecken.
Dass "wir" das nicht zu begreifen in der Lage sind, hat damit zu tun, dass "wir" (noch) nicht gelernt haben, was dieses "Begreifen" in einem Kontext bedeutet, ein Connex, in dem nicht mehr die materielle Natur der Ding im Vordergrund steht.
Nochmals anders formuliert: Die aktuelle Begeisterung für Entwicklungen wie jene des Internets der Dinge - siehe dazu das in dem Beitrag "Der DigitalGipfel und die "KI"" im Gespräch mit der Kanzlerin Dr. Merkel portraitierte Denken - hat damit zu tun, dass "wir" trotz des Internets uns mental immer noch auf die Bedeutung und Wirkmächtigkeit der Dinge beziehen können. Und wenn demnächst selbst die klassischen deutschen Automobilkonzerne ihre Poleposition in den internationalen Märkten werden räumen müssen, wird man umso "verzweifelter" an dieser Art der "Industrie 4.0"- Positionierungen festhalten: In der klammheimlichen Hoffnung, dass auf diesem Trip ein letztes Mal die Welt am Deutschen Wesen möge - und damit "unser" Überleben doch noch eine Zeitlang sichern...
Wohl wissend, dass hier zu scharfe Formulierungen und zu krasse Sprachbilder gewählt werden: es ist wichtiger denn je, endlich die Augen zu öffnen für jene Zukunftsentdeckungen, zu deren Demonstration und materieller Verwertung die CeBIT einst aus der Hannover-Messe ausgegründet wurde.
Heute, so wird ganz richtig zur Begründung des Niedergangs der CeBIT und deren Ende festgestellt, sei ja alles digital. Und eine Messe, in der diese einst noch neue Nachricht profilierrt werden müsste, habe sich inzwischen einfach überlebt.
Ja - und nein: Was die CeBIT - besser und anders als die Comdex in den USA - geschafft hat, ist, uns mit dem Thema der Digitalisierung und ihren Konsequenzen bekannt zu machen. Was ihr nicht gelungen ist - und vielleicht auch nicht gelingen konnte - sich aus den Erkenntnissen dieser Entwicklung eine eigene Not-Wendigkeit abzuleiten, um sich auf diesem Wege selbst radikal neu zu erfinden.
Hier geht es nicht um Managementfehler oder um ein Mangel an Marketing, sondern um die Unfähigkeit, systemisch zu d e n k e n - und daraus für die Praxis Schlüsse abzuleiten und Konsequenzen zu ziehen, die die dialektischen Prozesse den linearen Entwicklungen vorgezogen hätten.
Das ist kein Vorwurf, sondern der Aufruf, sich - so wie einst zu Beginn der Ökologiedebatte - das Unvorstellbare vorstellen zu können, bevor es uns in seinen Folgewirkungen eingeholt und existenziell in Frage gestellt hat.
Stell Dir vor, die Wirklichkeit ist virtuell und keiner bleibt drin: 3D, VR, Volumetrisches Video, ..., und all das, was uns in Zukunft noch an nicht-dinglicher Form von Wirklichkeit angeboten werden wird, ist nur der Vorbote einer Entwicklung, die auf den CeBit-Brettern, die einst die Welt bedeutet haben, nicht mehr gezeigt werden konnte.
Die CeBiT war die Schule für ein "Second Life" und die hämische Freude darüber, das "so was ja haben scheitern müssen" ist nur ein Schlagschatten eines Gespenstes, das längst auch Europa in seine Gewalt zu bringen droht.
Dieses Gespenst, das ist unser kollektives Selbst in den Händen privater Konzerne, denen selbst Sprüche wie "don’t be evil" lästig geworden sind.
Also: Nicht die CeBIT ist gescheitert, sondern wir drohen zu scheitern, wenn wir uns nicht auf die Traditionen der eigenen Stärken beziehen, wenn wir sich nicht zu nutzen lernen um zu erfahren, welche Welt jenseits des Dogmas der Verdinglichung liegen.
Work hard, play hard: Es geht um Softfakts. Wir müssen keine Stadtschloss wieder aufbauen sondern auf den Spuren Hegels und Humboldts lernend eigene Luftschlösser bauen, beziehen - und diese dann wiederum aus unseren Köpfen auf die Füsse zu stellen.