Der Louis Trenker der Wüsten-Welt erzählt

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 9. Dezember 2004 um 17 Uhr 02 Minuten

 

An diesem Abend fand ein Vortrag von Michael Martin in der Passionskirche am Marheinekeplatz in Berlin-Kreuzberg statt. Es war rappelvoll. Am Ende wurden die Karten für "nur noch 10 Euro" verkauft, da keine guten Sitzplätze mit einer einwandfreien Sicht auf die Leinwand" garantiert werden konnten. Nun ja, wer hockt schon gerne fast 3 Stunden auf den knallharten Kirchenbänken. Und so kamen sie alle rein. Denen, die eh’ nur noch im Stehen zusehen und zuhören konnten, sollte dies eh’ egal sein, die anderen, die Vollzahler, tröstete der Vortragende gleich zu Eingang: macht Euch nichts draus, da habt ihr einen kleinen Vorgeschmack davon wie es ist, die ganze Zeit auf dem Motorrad gesessen zu haben.

Und dann geht’s los: eine klassische Ton-Bild-Schau "at its best". Gute Dramaturgie, ausgesucht gute Fotografie (auch wenn nach meinem Geschmack gelegentlich zu stark anpolarisiert), der Soundtrack und die Effekte (etwa bei Einblenden der Eruptions-Bilder im Lava-Krater) stimmen. Sogar ein O-Ton-Zitat eines Amerikaners kommt zur Geltung, der "amidst the desert" nach der "guten alten Zeit" fragt. Ansonsten kommt der Text an diesem Abend ausschliesslich via Mikro vom Weltenbummler und Vortragenden selbst. Live.

Erfreulich auch, dass die Hinweise auf die Sponsoren und Partner der Reise sehr diskret bleiben (fast zu diskret: zumindest hätte ich einmal den Montor der fast nimmermüden BMW - eine R 1150 GS - gerne im "Originalsound" gehört ;-) [1]

Alles in Allem eine gelungene Veranstaltung. Form follows Funktion. Und trotz der Ausblendungen so mancher Pein und Peinlichkeiten gelingt es dennoch zumindest durchscheinen zu lassen, dass diese Reisen alles andere als eine Urlaubsfahrt ins Glück waren - und eben doch wohl immer wieder Anlass gaben, Alles im Überfluss verarbeiten zu müssen: Frustrationen und Ängste, körperliche wie seelische Erschöpfung, aber dann auch wieder Momente von fast unbeschreiblicher Schönheit, Kraft und Stille. In sofern war die "Passions"-Kirche eine gleich mehrfach gut geeigneter Ort für diese Veranstaltung und ihre "hidden messages".

Diese Reise zeigt, diskret wie bewegend, auch die Reise-Zeit zweier Menschen, die ohne einander dieses Abenteuer offensichtlich so nicht hätten bestehen können. Beide aus anderen "Beziehungen" ausgestiegen und doch mit ihren 2 bzw. 3 Kindern, die aus diesen erwachsen sind, in den Etappen zwischen den Routen immer noch verbunden.

Beindruckend daher das Bild seiner Freundin Elke Wallner das Martin Wallner vor der Matallkarosse seines vor 20 Jahren in der Sahara aufgegebenen Renaults portraitiert. Im Gegensatz zu diesem Auto kann man auf einem Motorrad nicht mehr bei Gefahr die Seitenscheibe heraufdrehen - aber durchkommen.

Und dann die Frage: ist es nicht auch nach 20 Jahren Seh-Fahrt immer noch einfacher, aus Las Vegas oder New York zu fliehen, als aus München?

WS


Wer daran noch einmal in Berlin an dieser Seh-Fahrt durch "Die Wüsten der Erde" teilhaben will: am 4. Juni 2005 als Open-Air-Veranstaltung im Lichtburg-Forum, ab 21 Uhr. Dann wird es wahrscheinlich auch nicht bequemer sein, aber vielleicht wird man in dieser Nacht auch "den bestirnten Himmel" miteinander teilen können.

Michael Martin hat sich als Fotograf und Autor auf Wüsten spezialisiert. 1963 in München geboren, hat er bereits im Alter von siebzehn seine Leidenschaft für Wüsten entdeckt. Innerhalb von zwei Jahrzehnten unternahm er achtzig Reisen in die Wüsten Afrikas, veröffentlichte hierzu 15 Bildbände und hielt über 1000 Diavorträge, unter anderem vor der Royal Geographical Society in London. 1999 begann die Arbeit an seinem neuen Projekt »Die Wüsten der Erde«.

Michael Martin hat Geographie, Völkerkunde und Politologie in München studiert und ist Diplom Geograph. Er gilt nicht nur als herausragender Vortragsredner, sondern auch als hervorragender Fotograf. Seine Bilder sind in großen Ausstellungen zu sehen und werden in internationalen Magazinen regelmäßig veröffentlicht. Sein neuer Bildband »Die Wüsten der Erde« umfasst nahezu 400 Seiten und erscheint weltweit in fünf Sprachen.

Michael Martin fotografiert mit Leica-Spiegelreflexkameras. Sie zeichnen sich durch absolute Zuverlässigkeit und herausragende Optiken aus. Im Einsatz sind zwei Leica R 8 Gehäuse und eine ganze Anzahl von Leica-Objektiven der Festbrennweiten 15 mm, 19 mm, 28 mm, 35 mm, 50 mm, 80 mm, 180 mm, 280 mm. Da Michael Martin oft bei schwierigen Lichtverhältnissen fotografiert, bevorzugt er aufgrund der höheren Lichtstärke Festbrennweiten.
Als Film kommt fast ausschließlich der Fuji Velvia 50 zum Einsatz, der extrem feines Korn und eine intensive Farbwiedergabe besitzt. Bei extrem wenig Licht verwendet Michael Martin den Fuji Provia 400, der um zwei Blenden auf 1600 ASA gepusht werden kann. Grobes Korn und Farbeinbußen müssen aber dann in Kauf genommen werden. Wichtigstes Zubehör ist daher das Stativ. Trotzt der eingeschränkten Platzverhältnisse auf dem Motorrad setzt Michael Martin ein stabiles Stativ von Gitzo ein, das aufgrund des Materials Karbon aber relativ leicht ist. Dazu verwendet er den genialen (aber schweren) Novoflex MagicBall als Stativkopf.
Farb-, Effekt- oder Verlaufsfilter hat Michael Martin nicht, einzig verwendet er einen zirkularen Polarisationsfilter, um bei sowieso schon klaren Lichtverhältnissen die Farbsättigung noch einmal zu steigern.

Die Ausrüstung ist auf zwei Lowepro-Fototaschen verteilt, von denen eine im Tankrucksack steckt (der beste Platz auf dem Motorrad), die andere ist auf der rechten Motorradbox festgezurrt. Das Stativ steckt griffbereit in einer mit Alu verstärkten PVC-Rolle, die außen an den Motorrad-Boxen angebracht ist.

Digitale Fotografie ist für Michael Martin aus mehreren Gründen kein Thema. Speicherkapazitäten und Energieversorgung bereiten auf langen Reisen Probleme, vor allem aber findet er die Projektion mit Beamern derzeit noch qualitativ absolut unbefriedigend, Qualitätsprobleme sieht er auch im großformatigen Buch- und Kalenderdruck. Außerdem hält man mit einem Dia ein nicht manipulierbares, authentisches Bild in den Händen und hat nicht nur einen Datensatz auf der Festplatte. Letztlich sollte wohl jeder selbst entscheiden, welche Methode er bevorzugt. Für ein gutes Bild braucht es sowieso mehr als eine gute Kamera.

Zitiert aus: www.diavortraege-berlin.de
Reservierungen unter 030-74203726

ML EDV-Service, Harthauser Strasse 3, D-72818 Trochtelfingen
Tel.: (07124) 93 19 102
Fax: (07124) 93 19 105
EMail: info@diavortraege-berlin.de

Anmerkungen

[1Nach allem, was auf den Fotos zu sehen war, könnte das eine solche Machine gewesen sein, allerdings mit Sicherheit in der "Normalbenzin-Version" und wahrscheinlich auch mit einigen weiteren Umrüstungen, die so nicht zu sehen waren. Aufgepasst: wer auf der BMW.DE-Webseite in die Suchmaschine die Zeichenfolge "R1150GS" eingibt erlebt allerdings eine Überraschung: "Zu Ihrer Suchanfrage wurde kein passendes Ergebnis gefunden. Haben Sie sich vielleicht vertippt? [...]" ist die Antwort.


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