† Margit

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 3. Juni 2023 um 15 Uhr 26 Minutenzum Post-Scriptum

 

Freitagnacht. Erst jetzt kommt die Nachricht über das Radio an, dass Margit Carstensen gestorben sei.

Als wir uns das letzte Mal begegneten, war sie schon so krank, dass mir die eigenen lebensbedrohenden Beschwernisse dagegen wie ein Petitesse erschienen.

1969 folgte sie einem Ruf an das Theater der freien Hansestadt Bremen, wo sie Rainer Werner Fassbinder kennenlernte ...

... und wo es mir vergönnt war, mit ihr auf der Concordia-(ehemaligem Kino)-Bühne als sein Assistent für die Uraufführung von "Bremer Freiheit" zu arbeiten, auch mit ihr allein, in eigener Verantwortung, ihre Rolle als Geesche Gottfried anlegend: In einer hochbrisanten Mischung aus gegenseitiger Anerkennung, ja, Zuneigung - und zugleich mit einem im Verlauf der Arbeit immer weiter anwachsendem Respekt voreinander.

Diese Momente unserer Begegnungen haben unauslöschliche Spuren hinterlassen. Und sie werden bleiben, hoffentlich noch weit über ihren Tod hinaus.

WS.

P.S.

Anlässlich der Verleihung des Götz-George Preises anno 2019...

  • „Margit Carstensen ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Theater-und Filmlandschaft, einzigartig in ihrem intensiven, bedingungslosen Spiel, ihrer grenzüberschreitenden Darstellung und in ihrer Konzentration, die das Publikum zum Zuhören zwingt und ausnahmslos in ihren Bann zieht. Ihre Erscheinung, ihre Stimme und ihre Persönlichkeit lassen sie ohne Mühe die großen Frauengestalten im Film wie auf der Bühne virtuos gestalten. Mit ihrer Kunst widerspricht sie dem glattgebügelten, klischeebehafteten Bühnen-und Filmbetrieb, dem Vorhersehbaren und dem Bedeutungslosen. Und deshalb brauchen wir dringend solche Schauspielerinnen wie Margit Carstensen!

... sagte Leander Haußmann:

„Wenn Margit eine Figur spielt, dann steht sie dort wie eine Birke im Wind… sie biegt sich bin zum Boden hin, aber sie wird nicht entwurzelt, weil sie in diesem Figurenaufbau wirklich tiefe Wurzeln in den Bühnenboden hineinwachsen lässt. [...] Und das beherrscht Du einfach erstklassig und das ist irgendwie zum Niederknien!“

In der Sendung "Vollbild" ist Leander Haußmann dann live an diesem Tag im Gespräch mit Susanne Burg im Deutschlandradio Kultur zu hören: