Dass ich heute eine Stunde eher am Rechner sitze, als es meine Uhr anzeigt, hat damit zu tun, dass meine Uhr (noch) per Hand umgestellt werden muss. Diese Uhr hier
Inzwischen ist der dahinter stehende Standard, Euro-ISDN genannt, durch den IP Standard abgelöst worden. Die Uhr arbeitet zwar immer noch sauber und korrekt, aber die Leistung, auf die sie sich bezieht, ist inzwischen durch eine neue Technologie abgelöst worden. Sie signalisiert also zur gleichen Zeit Präzision, ein Dankeschön für das Erreichte, aber auch über die zeitliche Vergänglichkeit eines, in diesem Fall technologisch definierten, Erfolges.
Es gab an diesem späten Vormittag drei weitere Uhren, die noch per Hand umgestellt werden mussten. Sie sind allesamt elektrisch betrieben und stehen im Flur, im Bad, und liegen in der Ablage bereit, um an diesem nächsten Morgen wieder um das Handgelenk gebunden zu werden. Auch diese letztgenannte Uhr hat - neben der besonderen Funktion, zwei Weltzeiten gleichzeitig anzuzeigen, ihre Besonderheit darin, dass sie den Strom für die elektrische Versorgung durch die Umwandlung von Sonnenlicht generiert, das von der Platine, auf die Zahlen aufgetragen sind, eingesammelt wird.
Wir haben also drei Arten von Uhren, mechanische - zu denen eine hier nicht erwähnte Breitling gehört -, elektrische, und solche, die bereits mit der Atomuhr außerhalb des Hauses oder mit einem Rechner vernetzt sind und von dort her ihre Daten beziehen. Und: Über dem ganzen schwebt dann noch die Europäische Kommission, der es bei allem Zwang zur Kompromissbereitschaft nicht gelingt, festzulegen, wie in Zukunft die Sommer- und Winterzeiten in ihrem Geltungsgebiet festzulegen bzw. zu definieren sind. Schlimmstenfalls kommt es dazu, dass jedes der Länder innerhalb der EU seine eigene Regelung definiert, ’bestenfalls’ bleibt alles so wie es ist, ohne dass der Vorteil der Umstellung von Winter- auf Sommerzeit und zurück überhaupt noch als wirtschaftlich sinnvoll definiert werden könnte.
Es wurde schon viel über dieses Phänomen geschrieben und es mag sein, dass auch an dieser Stelle noch nichts wirklich Neues dazu gesagt wurde, allein, es beschäftigt Einen dennoch weiterhin und immer wieder, dass im Verlauf dieser Zeitläufte es darum geht zu fragen, wie wir mit dem Thema der Zeit Souveränität umgehen. Das beginnt schon mit dem Umstand, dass ein Tag eigentlich länger ist als 24 Stunden, wenn er sich den naturgegebenen Verhältnissen entsprechend entwickeln würde. Und so kommt es dazu, dass es Menschen gibt, die nur alle vier Jahre Geburtstag haben, nämlich an einem 29. Februar, und dennoch genauso altern wie jede/r andere von uns auch. Und: Wir wissen auch, dass wir uns an diesem Tag nicht um 1 Stunde verjüngen, da wir diese Stunde ja im Frühjahr dieses Jahres bereits an eine höhere Instanz abgegeben haben.
Interessant ist es dennoch, ein Moment darüber nachzudenken, wie wir uns in Bezug auf diese Instanzen verhalten, wie wir mit ihnen umgehen, warum wir quasi gezwungen sind, ihre Entscheidungen zur Grundlage unseres eigenen Verhaltens zu machen, ob es nun für gut halten oder nicht. Ja, es hat sogar zu dem Thema der Sommer- und Winterzeitumstellung eine Volksbefragung gegeben, mit relativ eindeutigen Ergebnissen, allein im institutionellen Rahmen haben diese Ergebnisse keine konkrete Wirkung gezeigt. So bleibt uns nur die eigene Souveränität über die eigene, einst verlorene und heute wiedergewonnene Stunde zu nutzen, nachdem sich gezeigt hat, dass die kollektive Souveränität zu diesem Thema nicht von Erfolg ’gekrönt’ wurde.
In diesem Fall wird diese wiedergewonnene Stunde dazu genutzt, um diese wenigen Zeilen aufzuzeichnen und der Öffentlichkeit preiszugeben. Ein Text, den man genauso gerne gut finden, wie auch überlesen kann, ohne dass es wirklich konkrete Folgen gehabt hätte, außer dass er nicht entstanden wäre, wenn es dafür nicht diese Extrastunde gegeben hätte.
In diesem Sinne wünsche ich allen, die bis zu diesem Punkt der Lektüre vorgedrungen sind, eine möglichst ebenfalls individuell befriedigende Nutzung dieses kleinen Extramomentes und eine glückliche Zeit in den nun bevorstehenden Wintermonaten.
WS.