"Arabica ist aus": Lohnt sich LIDL noch?

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 26. Januar 2025 um 22h24minzum Post-Scriptum

 

Es mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, dass ein Einkauf in einem der unendlich vielen deutschen Discounter als das wichtigste Ereignis eines Tages einen solchen prominenten Platz wie auf dieser Plattform erhält.

Zur Vorgeschichte. Die Anstrengungen der letzten Wochen hatten das Einkaufen zu einer absoluten Nebensache gemacht, nur das Notwendigste wurde beschafft. Es gab keinen Blick auf die Preise oder gar Preisvergleiche. Jetzt bot sich zum ersten Mal ein Zeitfenster an, diesen Vorgang genauer und gründlicher zu beobachten.

Dabei wurde ein Discounter ausgesucht, dessen Filiale nicht besonders groß, aber dessen Name durchaus bekannt ist. Sogar bei meinem letzten Aufenthalt in Paris wurde dieser Anbieter identifiziert und dort als eine Adresse gelobt, in der es auch regionale Produkte zu vertretbaren Preisen zu erwerben gäbe.

Auch wenn es schon lange Zeit her ist, dass dieser spezielle Laden hier in Berlin aufgesucht worden war, so wurde er jetzt gewählt, da diese Adresse den Vorteil hat, zu wissen, wo an welcher Stelle in etwa welche Waren in die Regale eingestellt wurden.

Dieser Satz gilt auch dann, wenn es ein besonders Geheimnis dieser Verkaufsdramaturgie sein mag, warum bestimmte Produkte mehrfach an unterschiedlichen Orten angeboten werden, teilweise sogar Nahrungsmittel in unmittelbarer Nähe von Drogeriewaren.

Dadurch, dass dieses Mal mehr Zeit zur Verfügung stand, ging der Gang durch die Regale langsamer voran, und so konnten in einigen Fällen Produkte der gleichen Warengruppe intensiver verglichen werden.

Das frappierendste Erlebnis, und Ergebnis, war der Aufenthalt an jenem Regal, in dem die Kaffeebohnen für den Automaten angeboten werden. Auch ohne davon ein Foto gemacht zu haben, möge man sich vorstellen: eine lange Reihe von Paketen, allesamt in bunten, fast glitzernden Farben, auf denen in vielen Sprachen im Grunde das immer gleiche verkündet wird: von welch großartiger Qualität und Güte die angebotene Ware sei. Und dass es sich um „klassifizierte Bohnen“ handele.

Das entscheidende Merkmal aber fehlte. Und dies an allen in der gesamten Phalanx aufgestellten Produktreihe. Eine Auskunft darüber, welcher Art die Bohnen seien. Auch nachdem alle unterschiedlichen Pakete aus dem Regal genommen und ausführlich studiert worden waren, fand sich im Gegensatz zu früheren Einkäufen bei den Angeboten keine einzige Packung mehr, in denen Kaffeebohnen der Sorte Arabica enthalten wären.

Dass inzwischen ein Pfund Butter um mehr als einen Euro im Preis heraufgesetzt wurde, gilt inzwischen schon fast als eine Binse, auch wenn sich dadurch die Lage nicht verbessern würde. Ebenso finden sich eine Reihe von bekannten Markenangeboten in gleichartig neu aussehenden Verpackungen, in denen bei gleichbleibendem Preis, nur noch geringere Mengen verpackt werden. All das ist eigentlich nicht neu und fällt dennoch jetzt erstmals so deutlich ins Auge, als die Zeit dafür da ist, um genauer hinschauen zu können.

Dabei wird es wohl so sein, dass diese Beobachtung sich nicht ausschließlich auf die Angebote dieses Handelskonzerns beschränkt [1]. In diesem konkreten Falle aber kann festgestellt werden, dass ein vergleichbarer Einkauf vor nicht allzu langer Zeit ein noch deutlich höher qualifiziertes Angebot vorfand und gleichzeitig der Preis der jetzt verfügbaren Waren um gefühlt ein Drittel gestiegen ist. Machte ein sogenannter Grosseinkauf bisher vielleicht einen Preis von ca. 70 € aus, so lag der Betrag jetzt bei deutlich über 100 €.

Dass dennoch der Besuch in dieser kleinen Filiale nach wie vor lohnenswert war, ist stattdessen eher auf die Belegschaft zurückzuführen, die sich mit großem Einsatz und mit einer durchaus lippenfrechen Freundlichkeit wirklich um die Kundschaft bemüht.

Auf die persönliche Frage, ob es denn nicht eine von der Belegschaft gemeinsam verwaltete Kasse für Trinkgelder gäbe, kam die ebenso erstaunte, wie freundlich bedauernde Antwort zurück, dass dieses in diesem Haus nicht möglich und auch nicht gestattet sei. Die einzige Möglichkeit wäre es, ein Produkt zu kaufen, zum Beispiel eine Tafel Schokolade, und sie anschließend als Geschenk dem Personal zu hinterlassen.

Also wird genau das getan und eine große Tafel Milka Schokolade gekauft. Beim Einpacken und Prüfen der Ware stellt sich aber heraus, dass das Verfallsdatum für diese Schokolade schon mehrere Wochen ausgelaufen ist:

Das bedeutet nach subjektivem Empfinden zwar kein Problem, sie dennoch öffnen und genießen zu können, aber ein solches abgelaufenes Produkt der Belegschaft als Geschenk zu überreichen, obwohl es eigentlich an dieser Stelle einer Rüge bedurft hätte, das macht dann doch keinen Sinn. Also wird sie wieder zu allem Anderen mit eingesteckt.

Und so gibt es jetzt zum Ende des Tages zur eigenen Belohnung für diesen Text einen ersten Riegel eben dieser Tafel. Und hiermit ein verschriftlichtes Dankeschön an die Belegschaft, das nach dessen Fertigstellung nun nur noch ausgedruckt werden muss. Und das nächste Mal, wann auch immer das sein wird, in die gleiche Filiale zurückgebracht werden wird. Anstatt der Schokolade...

WS.