EES-Camp Report (I)

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 21. April 2025 um 01h33minzum Post-Scriptum

 

Im Anschluss an den vorangegangenen Beitrag wird von diesem Ort aus ...

... berichtet werden, nachdem die 48-stündige Enklave beendet sein wird.

Bericht vom Vorabend.

Pünktlich eingetroffen. Beide Gastgeberinnen sind schon vor Ort, die, die das Gewerbe betreibt und diejenige, die mich zu diesem Experiment eingeladen hatte: „ich gehe da auf jeden Fall hin und Du kannst mitkommen oder auch nicht, wie Du willst…“ so ihre Worte.

Natürlich wollte ich, auch wenn die Neugier von einigen Vorbehalten in der Vorbereitung zeitweise immer wieder etwas ausgebremst wurde. Insbesondere fehlte mir eine schriftliche Vorlage zur Orientierung und Meinungsbildung, jenseits der beiden Videos, die am Vortag einen ersten Einblick in das Ganze anbieten.

Hier zumindest dieses Zitat von Richard P. Feynman, auf das sich immer wieder Bezug genommen wird: „Da die Theorie der Quantenmechanik die gesamte Chemie und die unterschiedlichen Eigenschaften von Substanzen erklären konnte, war sie ein großer Erfolg. Aber es gab immer noch das Problem der Wechselwirkung von Licht und Materie.“

Aber es gab einige Zufälle, die einen eher angenehmen Verlauf versprachen. Die eine Gastgeberin trug Kleindungsstücke, die mit der Farbe der meinen fast identisch waren. Die andere Gastgeberin schaut ganz fasziniert auf mein rosafarbenes Packband, mit dem ich den Rollkoffer am Motorrad fixiert hatte. Das darauf eingeprägte Markenzeichen war genau jenes ihres früheren Arbeitgebers, für den sie lange gearbeitet habe, °zwanzig Jahre“, wie sie zu erkennen gab.

Die Räumlichkeiten waren grosszügig und modern ausgestattet und hätten mit bis zu vier Personen zur gleichen Zeit genutzt werden können. Es gibt den Ruheraum mit vier Säulen, an denen jeweils sechs Monitore übereinander aufgehängt sind. Es gibt einen Aufenthaltsraum mit einer kleinen Teeküche und einen Raum für die sanitären Bedürfnisse.

Es stehen zwei Ruhesessel bereit, Du bekommst ein Fussbad angeboten und in dieser Zeit wird Dir das Wichtigste erklärt. Die wichtigsten auch schriftlich zu Protokoll gegebenen Aussagen: Auf keinen Fall die Monitore berühren und nicht davon ausgehen, dass es sich hier um ein medizinisch anerkanntes Heilverfahren handelt [1].

Für die Nacht stehen in diesem Ruheraum zwei Betten bereit. Denn es wird gesagt, dass die Wirkung dieser Strahlen während des Schlafes besonders eindringlich sei. Wie dem auch sei, wird im eigenen Falle dennoch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich mit Ohrenstöpseln und einem Kissen über dem Kopf ein wenig zu ‚schützen‘, auch wenn das hier vielleicht nicht das richtige Wort ist.

Aber das kann sich ja in der zweiten Nacht noch ändern, wenn das jetzt noch so ungewohnte – die Helligkeit der Monitore und ein andauerndes monotones Rauschen - zum neuen Normal geworden sein sollte.

Bericht vom Mittag

Aufstehen, oder den ganzen Tag im Bett bleiben. Und dabei nun das Licht, die Geräusche und die dahinter verborgene Strahlung auf sich wirken lassen? Sich also der totalen Entspannung hingeben, oder zu akzeptieren, dass dieses nur eine Ausrede sei, um sich nicht mit seinem ‚inneren Schweinehund‘ anlegen zu müssen.

Die Entscheidung ist letztendlich eindeutig: Aufstehen, Bad, anziehen, erneutes Fussbad, einen Guten-Morgen-Tee von Alnatura zubereiten, sich an einem sogenannten ‚PowerSnack‘ erfreuen und laben, was nichts anderes ist als eine gesunde Mischung von Nüssen und Früchten, einen der Stühle in eine halb Liegend-Position zu verstellen und sich sodann darauf mit seinem Rechner zu installieren.

Dieser Stuhl ist ebenfalls auf seinen Rollen auf eigenen Wunsch in den Ruheraum hineingefahren worden. Und bietet nun eine interessante Zwitterposition zwischen ‚Arbeit‘ (wenn man das das Schreiben so bezeichnen mag) und ‚Entspannung‘ (wobei das Schreiben selbst auch dazu beitragen mag).
Jede Art von Vernetzung und Kommunikation mit der Aussenwelt war seit dem vorangegangenen Abend abgeschaltet, nachdem noch in aller Kürze per SMS und Signal Ostergrüsse verschickt worden waren. Und so wird denn auch dieser Text nach dem Ende dieser Klausur veröffentlicht werden. Oder, wie es dem Ort jetzt angemessen ausgerückt werden könnte, „das Licht der Öffentlichkeit erblicken“.

Was den gesundheitlichen oder auch Wohlfühl-Aspekt betrifft, nur so viel: In der Nacht hat es endlich zu regnen begonnen, worauf viele seit Wochen vergeblich gewartet hatten. Das Klopfen der Tropfen an den Scheiben ist ein angenehmeres Geräusch als das permanente Grundrauschen dieser Installation. Hatten die Strahlungen gleich zu Beginn eine unmittelbare Wirkung wie ein deutliches Kribbeln in den Fingerspitzen zur Folge (ohne zu wissen, dass die Installation schon angeschaltet war, was sich auf Nachfrage hindurchgehend sei), so sind derzeit keine besonderen Auswirkungen oder Reflexe zu bemerken. Das gilt aber auch für die mitgebrachten Unpässlichkeiten wie ein schmerzendes Hüftgelenk und triefende Augen und Nase. Und schon gar nicht für die dominierende Belastung durch ALS. Da dieser Besuch aber als ein Selbst-Experiment der Neugier erklärt worden war und auch das Mit-Sich-Selber-Alleinsein nicht als Belastung erfahren wird, ist alles so weit im Lot. Warten wir also ab, was der Tag noch so bringen wird. Eine Idee dazu gibt es schon…

Bericht vom Abend

… ja, eine Idee gab es schon. Schliesslich war der Aufenthalt in der bis dahin nicht bekannten Umgebung dennoch – oder gerade deswegen – gut vorbereitet. Auf einer eigens dafür hergerichteten Festplatte waren eingespielt worden: Ein Konvolut mit Pop, Rock und Jazz, ein Konvolut mit Klassik, mehrere Lektürevorlagen, einige zu vervollständigende Skripte aus dem nächsten eigenen Buch, sowie alle acht Folgen der ZDF-Serie über den Cum-Ex und CumCum-Skandal.

Bei der Ausgestaltung des Nachmittags standen aber stattdessen zwei Bücher im Mittelpunkt. Hier vor Ort angereicht ein schmales Bändchen von Dirk von Tongeren (1945): Die Neue Regeneration. Der Betrieb des EESystem. Yippee… genau einen solchen Text hätte ich mir als Vorabinfo erwartet. Von der Gastgeberin, darauf angesprochen, wurde mir aber erklärt, dass es diesen Text nicht mehr bei Amazon noch als PDF gäbe. Man könne sich ja die wenigen Seiten hier vor Ort abfotografieren. Der Einstieg in die Lektüre macht aber alsbald klar, dass das Ganze im Wesentlichen eine Mitschrift aus jenen Darlegungen ist, die schon auf der Seite zuvor als YouTube-Quellen eingestellt worden waren. Ebendiese werden auch am Ende des Bandes zitiert, sowie – wenn auch jetzt ohne Netz nicht einsehbar. [2].

Das zweite – mitgebrachte – Buch trägt einen auch an mich gewidmeten persönlichen Eintrag von Miriam Meckel: Mein Kopf gehört mir. Eine Reise durch die schöne neue Welt des Brainhacking. Piper München 2018. In diesem gibt es einen Eintrag, in dem sie über eigene Erfahrungen in einem abgeschotteten Raum berichtet, einem Dunkelraum, in dem sie während knapp 24 Stunden auf jegliches Licht verzichtet, aber auch auf die Aktivierung von WLAN und iPad. Stattdessen hat sie einen Voice-Rekorder dabei, den sie dann auch fleissig in Betrieb nimmt, zu ihrem eigenen (wenn auch nicht meinem) Erstaunen.

Die Aufzeichnungen dieses Protokolls machen den Hauptteil dieses Abschnitts aus, erweitert durch eine Vorabbeschreibung des Settings und ihrer Reflexionen, die sich aus diesem Erleben gespeist haben. Eine eh‘ schon lohnende Lektüre, die unter diesen besonderen Umständen ihren ganz besonderen Reiz hatte. Und viele Assoziationen auslöste, von denen hier nur einige wenige angesprochen werden.

Zunächst erinnert das Vorgehen an das eigene. Auch bei der eigenen Vorbereitung war schon ein eigens dafür vorbereitetes Flashmike geladen – dann aber nicht mitgenommen worden. Stattdessen dieser Laptop, der noch vorab auf Windows 11 Pro upgedated worden und ebenfalls neu geladen worden war. Es war die richtige Entscheidung, auch wenn in der letzten Zeit immer häufiger die Speech-to-Text-Systeme zum Einsatz kommen.

Es geht um die Erkenntnis der Autorin, dass man letztlich mit seinem Gehirn nicht wirklich in einen echten Dialog treten könne. Und das, wenngleich auch ohne diesem ein Dialog gar nicht möglich wäre. Mehr noch, würde das Gehirn, wie in diesem wissenschaftlich motivierten Selbstversuch, nicht mehr genug zu tun bekommen, würde es diesen Mangel durch zunehmende eigene unkontrollierte Aktivitäten ersetzen.

Sie beschreibt diesen Vorgang authentisch, inklusive aller dramatischen Entwicklungen bis hin zu einer Explosion auf einer Autobahn, der sie gerade noch aufgrund ihres eigenen Einwirkens im Wagen ihres Vaters hat entkommen können. Und ich denke mir: hättest Du jetzt doch alle Deine Träume im Verlauf der insgesamt fünf Schlafphasen der vergangenen Nacht aufzeichnen und an dieser Stelle ‚zum Besten‘ geben sollen?

LeserInnen, die diese Eintragungen regelmässig verfolgen, wissen, dass es sowohl einen eigenen Beitrag in einem Buch zum Thema Traumarbeit in Gruppen gibt, und dass in einem Nachfolgeband einige der eigenen Träume – wenn auch anonymisiert – wiedergegeben wurden. Hier und jetzt ist ergänzend dazu zu sagen, dass es wahrlich ein Privileg wäre, sein eigenes Traumbuch führen zu können, in dem die inzwischen mehrere tausende „WolfyWood“ Skripte des eigenen Gehirns aufgezeichnet worden wären. Warum das nicht gesehen ist? Diese zu tun wäre nur möglich gewesen, wenn es dafür ein ausreichendes zeitliches als auch ökonomisches Privileg gegeben hätte. Insofern freut es mich, wenn Miriam dieses in einer so ausgreifenden und zugleich verantwortlichen Weise nutzt. Und der Gram darüber, dass spätestens mit den Berufsverboten in der BRD diese Chance versperrt wurde, versperrt heute nicht mehr die Sicht über das dennoch Mögliche.

In diesem Buch ist auch davon die Rede, dass es ihr gelingt, sich dem „Nichts“ zu stellen. Wie schon gesagt: Bitte selbst nachlesen. Hier und heute war diese Lektüre Anregung dafür, nach dem Ende des Kapitels den Band aus der Hand zu legen und sich in einem eigenen Selbstversuch nun ganz bewusst nochmals den umgebenden Einflüssen zu stellen, den Lichtspielen, dem darunterliegenden Sound, sowie den darunterliegenden elektromagnetischen Einflüsse. Also wurde der Stuhl mit der Liege vertauscht und eine Art meditativer Dialog mit diesen Elementen aufgenommen. Bei dem es zumindest gelang, über eine geraume Zeit das Denken vollkommen einzustellen und nur für das da-zu-sein, was ist.
So wurde aus den anfangs zwar schon spürbaren Elementen nach der Phase des Neuen Normal eine Art des Aufspürens dieser Einflüsse.

Irgendwann war damit auch gut und es konnte mit dem erneuten Schreiben begonnen werden.