Zur zunächst gescheiterten Kanzlerwahl

VON Dr. Wolf SiegertZUM Dienstag Letzte Bearbeitung: 9. Mai 2025 um 15h28minzum Post-Scriptum

 

„Deutschland und Europa stehen vor historischen Herausforderungen – wirtschaftlich, gesellschaftlich und geopolitisch. Es ist ein Tiefpunkt in der Geschichte des Bundestags, wenn die demokratische Mitte des Parlaments in einer solchen Situation nicht bereit und in der Lage ist, sich auf eine neue Regierung zu einigen. Richtig ist: Abgeordnete sind nur ihrem Gewissen verpflichtet. Richtig ist aber auch: In dieser Zeit tiefgreifender Umbrüche braucht unser Staat eine stabile, starke Regierung und Europa braucht Führung. Das jetzt geschaffene Vakuum schadet unserem Land massiv und zerstört das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unserer repräsentativen Demokratie. Ich appelliere an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, neben ihrem Gewissen insbesondere auch ihrer Verantwortung für unser Land gerecht zu werden.“ 

Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst um 12:38 Uhr zur bis dahin gescheiterten Kanzlerwahl.

Kanzlermehrheit verfehlt. Unsicherheit und Fragen nach Nicht-Wahl von Merz
Frank Capellan in den Informationen am Mittag im Deutschlandfunk ab 12:36 Uhr, anmoderiert von Tobias Armbrüster:

Chaos und Unsicherheit im Bundestag

Und dann? Hier als pars pro toto dieser Dialog auf "Signal":

Mit ihrem Berlin-Table-Media-Briefing-"Ticker aus dem Bundestag: Ein Tag des Misstrauens und der Zweifel" liefern ab 21:58 Uhr Okan Bellikli, Stefan Braun, Franziska Klemenz, Leonard Schulz, Sven Siebert, Sara Sievert, Maximilian Stascheit - hier ohne alle Bilder, Links, Heraushebungen etc. zitiert - eine reife Leistung ab:

8:55 Der Plenarsaal füllt sich. Friedrich Merz nimmt auf dem Sessel des Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU Platz.
Auf den Ehrentribünen versammeln sich unter anderen Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Klimaaktivistin Luisa Neubauer, Ex-Minister Cem Özdemir, Raumfahrer Alexander Gerst, die neuen Minister und zahlreiche Botschafterinnen und Botschafter. Alexander Dobrindt führt Charlotte Merz und deren Kinder zu ihren Plätzen.
9:01 Julia Klöckner eröffnet die Sitzung. Ein Großteil der Abgeordneten der Linken trägt Lila – aus Protest gegen den aus ihrer Sicht unfeministischen Friedrich Merz.
9:10 Die Abgeordneten beginnen mit der Kanzlerwahl.
9:37 Klöckner schließt den Wahlgang und unterbricht die Sitzung. Nun folgt die Auszählung.
9:55 Auf dem Podium des Parlamentspräsidiums versammeln sich die PGFs um Klöckner. Mit ernsten Gesichtern wird etwas erörtert. Auf den Tribünen fragen sich die ersten: Was ist denn da los?
10:03 Klöckner nimmt die Sitzung wieder auf und verkündet das Ergebnis: „Mit Ja haben gestimmt 310. Mit Nein haben gestimmt 307, Enthaltungen drei.“ Friedrich Merz verpasst die Kanzlermehrheit von mindestens 316 Stimmen. Jetzt wissen alle, was los ist.
10:04 Die Phase der Unsicherheit beginnt. Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen, MdBs, designierte Ministerinnen – alle rätseln über den weiteren Ablauf. „Heute nicht mehr“, „frühestens Freitag“, „spätestens in zwei Wochen“, „nicht ohne Änderung der Geschäftsordnung“, „nur bei Fristverkürzung“, „nicht ohne Zweidrittelmehrheit“, „vielleicht morgen“ – für Stunden bleibt die Lage unklar.
10:07 An der Spitze der SPD ist man sicher, dass Merz die Kritiker in den eigenen Reihen suchen muss. „Bei uns keine Hinweise auf Abweichler-Bewegungen", simst einer. Es beginnt das blame game: Wir waren es nicht. Die anderen waren’s! Einer sagt: „Ich hoffe, das geht jetzt nicht tagelang so weiter.“
10:50 Ein Unionssprecher sagt, man habe sich nicht auf dieses Szenario vorbereiten können. Jetzt müsse man eben verhandeln.
11:06 Olaf Scholz soll in der SPD-Fraktion das Wort ergriffen und betont haben, man sei verantwortungsbewusst und wisse um den Ernst der Lage
11:10 Alice Weidel fordert in einem Statement vor dem Saal der AfD Neuwahlen. Seit Wochen liegt die AfD in Umfragen bei 25 Prozent.
11:14 Verschiedene Gesprächspartner aus der Union sagen, sie können sich nicht vorstellen, dass es bei ihnen Abweichler gab. Es habe auch gestern keine Anzeichen dafür gegeben, auch nicht in der CSU-Landesgruppe. Ein paar Stunden später sagt ein MdB aus Niedersachsen, es sei mindestens „eine Handvoll“ aus den eigenen Reihen gewesen. Man kann den Eindruck gewinnen, er spreche auch über sich selbst ...
11:16, Fraktionsebene Merz und seine Leute sitzen mit der Führung von SPD und Grünen zusammen. Alexander Dobrindt telefoniert vor der Tür. Carsten Linnemann beantwortet Fragen der Journalisten. Er gehört offenbar nicht zum engsten Kreis während der Kanzlerwahl.
11:17 Jürgen Trittin, MdB a.D., steht plaudernd auf der Fraktionsebene. Er erinnert an die geplanten Besuche in Paris und Warschau, die jetzt wohl nicht stattfinden könnten. Das sei ein „Scheiß-Zeichen“ an die europäischen Nachbarn.
11:19 Immer wieder trifft man Leute, die überzeugt sind, dass die Abweichler offenbar die Konsequenzen ihres Handelns nicht abgesehen hätten.
11:20, Plenarsaalebene Eine müde wirkende Karin Prien erscheint in der Caféteria. Man diskutiert darüber, dass man nicht verstehe, warum sich die Fristen nicht verkürzen lassen.
11:21, Fraktionsebene Vor dem Büro von Friedrich Merz haben sich zahlreiche Fotografen und Reporter versammelt. Bundestagspolizei bittet mit freundlichem Druck um Räumung des Flures. „Sie bekommen alle ihre Bilder und Videos! Bitte gehen Sie rüber auf die Fraktionsebene.“
11:22, Fraktionsebene Johann Wadephul gibt Statements. „Abgeordnete sind keine Abstimmungsmaschinen.“
11:28, Plenarsaalebene Luisa Neubauer zeigt sich bestürzt. „Friedrich Merz ist so breitbeinig in diese Legislatur hineingegangen und ist jetzt auf den ersten Metern hingefallen, das muss ihm zu nachdenken geben“, sagt die Klimaaktivistin. Auch wenn Merz kein Klimakanzler ist, sagt Neubauer: „Gute Klimapolitik braucht eine stabile Regierung.“
11:45 Franziska Brantner erklärt, wenn nun AfDler Merz-Wahl ankündigten und unklar sei, ob er nur durch sie eine Mehrheit hat, müsse er direkt die Vertrauensfrage stellen, um in namentlicher Abstimmung zu sehen, ob er auch ohne AfD durchkäme.
11:48 Maximilian Krah (AfD), der früher mal für die CDU in den Bundestag ziehen wollte, frohlockt gegenüber Table.Briefings: „Ich kündige seit Jahren die Selbstzerstörung der CDU an, jetzt erlebe ich sie – das ist super.”
11:55 Jens Spahn kündigt an, dass Union und SPD an Merz als Kanzlerkandidaten festhalten. „Für alle anderen Dinge müssen wir Sie bitten, jetzt noch etwas abzuwarten.“
12:03 Markus Söder meldet sich aus München zu Wort und spricht von einem „Schaden für unsere Demokratie“. Söder mahnt, bei alledem gehe es nicht nur um eine Person. Es gehe „schon ums Ganze“ und am Ende um „die Stabilität der Bundesrepublik Deutschland.“ Seine Warnung: Sollte es nochmal schiefgehen, könne das „ein Vorbote von Weimar sein“. Der bayerische MP beobachtet den Tag aus der Ferne. Offiziell, weil in München sein Kabinett tagt. Aber das ließe sich auch anders organisieren, wenn er seine Loyalität hätte unterstreichen wollen. Stattdessen erklärte er am Vortag, die Unionsfraktion möge es jetzt „nicht vergeigen“.
12:08, Fraktionsebene „Mal schauen, ob der neue Papst vor Merz gewählt wird”, scherzt ein Grüner.
12:30 Katharina Dröge und Britta Haßelmann machen deutlich, dass sie trotz der Krise Merz auf keinen Fall aus der Bredouille helfen wollen. Ja, sie seien bereit, Fristen zu verkürzen, im parlamentarischen Ablauf also mitzuhelfen. Ansonsten aber liege es allein an Lars Klingbeil und Friedrich Merz, aus der misslichen Situation herauszukommen. Diese beiden müssten die Mehrheiten liefern und beweisen, dass ihre Fraktionen das Bündnis mittragen. Von den Grünen werde es keine Stimme für Merz geben.
12:38 Die Unionsabgeordneten diskutieren über das weitere Verfahren. Ein zweiter Wahlgang noch am Dienstag ist zwar möglich, lässt sich aber nur mit einer 2/3-Mehrheit im Bundestag umsetzen. Dafür braucht man Grüne und Linke. Der designierte CSU-Innenminister Dobrindt ist offenbar der Einzige, der eine Handynummer von den Linken hat. Er ruft Janine Wissler an. Die Linke betont, dass man nur in Verfahrensfragen übereinkommen könne. Auch die Linke wolle eine schnelle Entscheidung. Später sagt Wissler auf dem Weg zur Union: „Jetzt schauen wir mal, was die CSU uns zu erzählen hat ...“
13:28 Die Fraktionsspitzen von Union, SPD, Grüne und Linken verhandeln erneut in Raum 3 N 024.
13:45 Uhr, Hamburg. Beim Live-Podcast von Table.Today auf der Digital-Konferenz OMR in Hamburg äußert sich der frühere Hamburger Bürgermeister Ole von Beust zu dem Abstimmungsdesaster. „Es ist unprofessionell, weil man das gegenseitige Misstrauen sieht. Man will ja hinterher noch zusammen regieren.“ Beust verweist auf den schwierigen Umgang von Merz mit Gegnern und Parteifreunden. „Merz ist ein hochtalentierter und begnadeter Typ, aber er ist auch jemand, der auf sich selbst fixiert ist.“
14:00 Die Unionsabgeordneten erhalten eine Text-Message des Vorstands: „14.15 Uhr Fraktionssitzung und 15.15 Uhr Plenum mit 2. Wahlgang – es wird vollständige Anwesenheit erwartet!“
14:05 Klingbeil tritt vor die Kameras und kündigt an, dass es einen zweiten Wahlgang geben wird. Dafür liege ein gemeinsamer Antrag „aller demokratischer Parteien“ vor.
14:10 Spahn bestätigt den gemeinsamen Antrag. Ist damit der Unvereinbarkeitsbeschluss – das selbstauferlegte Verbot der Zusammenarbeit mit der Linken – passé?
14:30 In der Fraktionssitzung ermahnt Merz die Abgeordneten. „Es geht nicht um mich, sondern um die Stabilität der Demokratie.“ Diejenigen, die ihn nicht gewählt hätten, hätten die Lage unterschätzt. Auch, dass man nicht so einfach einen zweiten Wahlgang machen könne. Merz sagt es noch einmal in aller Deutlichkeit: „Wir sind hier nicht auf irgendeinem Kreisparteitag; wir sind im Deutschen Bundestag. Diejenigen, die nicht zugestimmt haben, haben sich bestimmt erschrocken, was sie da angerichtet haben. Das wird korrigiert.“
15:10 Der Plenarsaal füllt sich wieder. Saskia Esken geht zu Merz, nimmt beide Hände und wünscht ihm ganz offensichtlich viel Glück.
15:18 Klöckner eröffnet die Sitzung. Der Platz von Angela Merkel auf der Ehrentribüne ist leer geblieben. Vorhin – so wird kolportiert – hat sie den Reichstag mit den Worten verlassen, „unter ,historisch‘ machen wir’s nicht“.
15:19 Es liegt ein gemeinsamer Antrag von Union, SPD, Grünen und Linke vor, um durch Fristverkürzung noch am heutigen Tag einen zweiten Wahlgang durchzusetzen. Dazu gibt es eine kurze Aussprache, in der SPD und CDU die Beteiligung von Grünen und Linken lobend erwähnen. „Die demokratischen Fraktionen“ hätten sich zusammengefunden. An der Stelle lächelt Heidi Reichinnek. Noch wenige Stunden zuvor waren sich einige in der Union ganz sicher, man werde „auf keinen Fall“ mit den Linken zusammen einen Antrag einbringen.
15:36 Die Änderung der Tagesordnung wird einstimmig beschlossen. Auch die AfD stimmt zu. Der zweite Wahlgang der Kanzlerwahl beginnt.
16:16 Julia Klöckner verkündet das Ergebnis. Diesmal hat Merz 325 Ja-Stimmen bekommen. Weißer Rauch, Habemus Kanzler.
16:18 Olaf Scholz verlässt seinen Platz in der SPD-Fraktion. Er ist der Erste, der Merz gratuliert. Währenddessen fragt Klöckner, ob Merz die Wahl annehme – er bejaht. „Ich danke für das mir entgegengebrachte Vertrauen.“ Weitere Gratulationen. Auch Alice Weidel, Tino Chrupalla und Alexander Gauland reihen sich ein
16:25 Einige Abgeordnete haben bereits eine lange Schlange gebildet zum Gratulieren, doch Merz verlässt den Saal in Richtung Schloss Bellevue.
17:31 Merz leistet im Plenum den Amtseid – inklusive Zusatz „so wahr mir Gott helfe“
17:40 Keine Fraktion bleibt so präsent wie die AfD. Die kurz aufgeflammte Erwartung auf noch mehr Chaos, vielleicht sogar Neuwahlen, ist verflogen. Die Enttäuschung steht vielen Abgeordneten im Gesicht.
17:45 Nachdem Friedrich Merz Dutzende Parlamentarier-Hände geschüttelt und zahlreiche Selfies gemacht hat, verlässt er den Plenarsaal.
18:07 Frank-Walter Steinmeier ernennt die Ministerinnen und Minister.
18:14 Nachdem alle Kabinettsmitglieder ihre Ernennungsurkunden erhalten haben, richtet Steinmeier mahnende Worte an die neue Regierung: „In dieser Zeit ist es entscheidend, dass die Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen können und erfahren, dass der demokratische Staat handlungsfähig ist und Probleme lösen kann, dass er neue Antworten finde, wo alte nicht mehr tragen.“ Zugleich richtet er sich an die Bevölkerung: „Wenn wir Krisen überwinden, wenn wir einen neuen Aufbruch wollen, dann hängt es nicht nur an der Regierung, der das gelingt, sondern auch an den Bürgerinnen und Bürgern. Mit anderen Worten: Auf uns alle kommt es an.“
18:30 In den ersten Reihen des Plenarsaals verharren während der Unterbrechung nur Britta Haßelmann bei den Grünen und Alexander Gauland bei der AfD. Die Reihen der Rechtsextremen bleiben am besten gefüllt, selbst aus Fraktions- und Bundesvorstand bleiben viele.
18:37 In der ersten Reihe der Besuchertribüne unterhalten sich seit geraumer Zeit Cem Özdemir und Wolfram Weimer; mal angeregt, mal müssen beide heftig lachen.
18:50 Als sich das Plenum nach und nach füllt, ist die Stimmung sichtlich gelöst. Die neuen Minister suchen fröhlich ihre Plätze auf der Regierungsbank und nehmen Glückwünsche entgegen, während Olaf Scholz in den Fraktionsreihen lange mit Britta Haßelmann plaudert. Saskia Esken kommt zum Präsidium, umarmt Lars Klingbeil lange und innig.
19:06 Der Reihe nach leisten die neuen Minister und Ministerinnen ihren Amtseid. Boris Pistorius, Bärbel Bas, Carsten Schneider und Reem Alabali-Radovan verzichten auf den Zusatz „so wahr mir Gott helfe“.
19:13 Klöckner schließt die Sitzung.
19.45 Bundeskanzleramt Olaf Scholz steht neben Merz und verabschiedet sich mit zwei Worten aus dem Amt: „Schönen Dank.“ Nach einem Tag, den wohl weder Merz noch Scholz so erwartet hatten, übergibt der Bundeskanzler a.D. dem neuen Kanzler sein Amt.

P.S.

Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort des Bundespräsidenten:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, in der Demokratie verlaufen manche Tage mit mehr Aufregung als von der Öffentlichkeit erwartet. Mit kleiner Verspätung gratuliere ich noch einmal von Herzen zu Ihrer Wahl.

Sehr geehrte Bundesministerinnen und Bundesminister, Ihnen darf ich zu Ihrer Ernennung ebenso herzlich gratulieren.

Sie übernehmen gemeinsam große Verantwortung, für unser Land, für seine Bürgerinnen und Bürger, für unsere Zukunft. So haben Sie auch Ihre Koalitionsvereinbarung überschrieben: Verantwortung für Deutschland.

Sie treten heute mit vereinten Kräften als neue Bundesregierung an und Sie tun dies in einer schwierigen Zeit. Es ist eine Zeit, in der Frieden, Freiheit und Demokratie von verschiedenen Seiten zugleich angegriffen werden. Eine Zeit, in der vieles, was wir für stabil und sicher gehalten hatten, in Frage gestellt, unterhöhlt und offen attackiert wird. Eine Zeit, in der wir neues Wachstum für unsere Wirtschaft brauchen, neues Vertrauen in unsere Demokratie, neue Wehrhaftigkeit nach innen und außen, neue Anstrengungen in der Diplomatie.

Die Erwartungen an unser Land sind groß: als wirtschaftlicher Anker und Motor, als Stimme der Vernunft, als Partner in Europa und in der Welt. Und diese Erwartungen erfüllen sich nicht von selbst. Sie bedeuten Arbeit für die neue Regierung.

Sie wissen um die Größe der Herausforderung. Sie trauen sich zu, in dieser schwierigen Zeit Regierungsverantwortung zu übernehmen und die Dinge zum Besseren zu verändern. Das ist ehrenwert, das erfordert Mut. Ich wünsche Ihnen und unserem Land, dass Sie sich diesen Mut bewahren, gerade dann, wenn es zwischendurch mal holpert und hakt, wenn Kompromisse schwer fallen, wenn der Wind Ihnen ins Gesicht bläst.

Ich bin überzeugt: In dieser Zeit ist es entscheidend, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und beherzt zu handeln – überall da, wo unser Land besser, handlungsfähiger und zukunftsfähiger werden kann und muss. In dieser Zeit ist es entscheidend, dass die Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen können und erfahren, dass der demokratische Staat handlungsfähig ist und Probleme lösen kann, dass er neue Antworten findet, wo alte nicht mehr tragen. Die Demokratie als Staatsform legitimiert sich nicht nur durch die Freiheit, die sie garantiert, sondern auch durch den Erfolg, mit dem sie Wohlstand und Wohlergehen ihrer Bürgerinnen und Bürger schützt und stärkt.

Wenn diese Regierung Erfolg haben soll, dann kommt es ganz besonders auf die Frauen und Männer an, die heute hier stehen. Aber eben nicht nur auf die! Wenn wir Krisen überwinden und einen neuen Aufbruch wollen, dann hängt es nicht nur an der Regierung, ob das gelingt, sondern auch an den Bürgerinnen und Bürgern. Auf uns alle kommt es an! Das Gelingen eines neuen Aufbruchs hängt auch daran, ob wir in Kleinmut und Selbstzweifeln verharren oder die vermeintlich bessere Vergangenheit beschwören, oder ob wir mit Selbstbewusstsein und Zuversicht in die Zukunft schauen und die Chancen sehen, die wir haben.

Ich bin mir sicher, es würde unserem Land insgesamt guttun, wenn wir weniger darüber klagen, was fehlt, sondern mehr darüber sprechen, was wir gut können. Wo unsere Stärken sind. Wie viel wir schaffen, wenn wir gemeinsam anpacken. Die Bedrohungen, die Stürme unserer Zeit um uns herum: Vielleicht lassen sie uns ja ein Stück zusammenrücken in all unserer Verschiedenheit, aber mit dem gemeinsamen Interesse, dass dieses Land stark und gerecht und frei bleibt, friedlich und weltoffen und wirtschaftlich erfolgreich.

Die politische Verantwortung, die Sie übernehmen, ist groß. Sie verdienen unseren Dank, unseren Respekt, aber vor allem unsere Fairness im Umgang mit Ihnen und Ihren Entscheidungen. Es ist – ich sage das so klar – im Interesse unseres Landes, dass Sie Erfolg haben. Ich wünsche Ihnen Mut und Maß, Geduld in der Auseinandersetzung, Entschlossenheit im Handeln, Klarheit im Ziel und das stete Bewusstsein für das, was uns alle verbindet: die Verantwortung für die Demokratie und das Wohl derer, in deren Namen Sie handeln.

Ich wünsche Ihnen, Herr Bundeskanzler, und Ihnen allen, verehrte Ministerinnen und Minister, eine glückliche Hand zum Wohle unseres Landes.

Die MinisterInnen des Kabinetts Merz lt. Deutschlandfunk vom 7. Mai 2025:
- Vizekanzler und Finanzminister: Lars Klingbeil (SPD)
- Kanzleramt: Thorsten Frei (CDU)
- Wirtschaft und Energie: Katherina Reiche (CDU)
- Arbeit und Soziales: Bärbel Bas (SPD)
- Inneres: Alexander Dobrindt (CSU)
- Justiz und Verbraucherschutz: Stefanie Hubig (SPD)
- Auswärtiges Amt: Johann Wadephul (CDU)
- Verteidigung: Boris Pistorius (SPD)
- Digitalisierung und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger (parteilos) [2]
- Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: Verena Hubertz (SPD)
- Verkehr: Patrick Schnieder (CDU)
- Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit: Carsten Schneider (SPD)
- Gesundheit: Nina Warken (CDU)
- Bildung und Familie: Karin Prien (CDU)
- Forschung und Raumfahrt: Dorothee Bär (CSU)
- Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Reem Alabali-Radovan (SPD)
- Landwirtschaft: Alois Rainer (CSU)
- Staatsminister für Kultur und Medien: Wolfram Weimer (parteilos)
- Staatsministerin für Sport und Ehrenamt: Christiane Schenderlein (CDU)

Anmerkungen

[1ab KW 19 2025: CDU

[2ab KW 19 2025: CDU


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