NAB 05
The Day After

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 23. April 2005 um 00 Uhr 36 Minuten

 

Heute ist es erstmals möglich, den ganzen Morgen im Hotel zu verbringen, zu frühstücken [1] und den Fernseher mitlaufen zu lassen.

Das ausgewählte Programm ist das von CNN US. Der Präsident des Senders Jonathan Klein hatte am Dienstag, den 19 April - ausgerechnet zur Einleitung der IPTV-NAB-Super-Session [sic?] - einen beeindruckenden Vortrag gehalten, in dem er deutlich an die traditionellen Werte eines guten Journalismus erinnerte und sich gegen die überzogenen Infotainment-Strategien der konkurrierenden Systeme gewandt hat. Und das Ganze in einer wohl gewählten Wortwahl und mittels einer Powerpoint-Gestaltung, die sich deutlich und wohltuend von der üblichen Verunglimpfung des Auges und der Sinne abgehoben hat.

Kurz nach dem Einschalten des Fernsehers gegen 7 Uhr morgens wird von der Redaktion direkt ins Weisse Haus nach Washington geschaltet. Dort ist es drei Stunden später als hier an der Westküste. Und dort stellt Präsident Busch gerade seine neuen beiden obersten Militärs vor die, als Chairmen of the Joint Chiefs of Staff den im Oktober 2001 inthronisierten General Richard B. Myers ersetzen sollen.

Der neue Mann ist ein „Marine“, der neue zweite Mann kommt von der Marine, die neue Nummer Eins ist ein General, die neue Nummer Zwei ein Admiral. Die neue Nummer Eins heisst Peter Pace und ist bisher der Zweite unter General Richard B. Myers gewesen.
Präsident Busch stellt ihn vor als Sohn italienischer Einwanderer, der in eher bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist und durch das Militär zu dem geworden ist, was er heute ist. Er verweist auf seine Einsätze in Vietnam und Somalia und darauf, dass nunmehr erstmals ein Marine an die Spitze gekommen ist. Dieser bedankt sich bei dem Präsidenten, seiner Familie und seiner Mutter, die immer noch an jedem Sonntag für ihn eine Kerze in der Kirche entzünden würde und spricht von der bevorstehenden Herausforderungen.

Sein Vize allerdings darf er nicht mit vollem Namen dankend erwähnen, sondern nur als „Admiral G“. Das deshalb, da sich der Präsident bei der Vorstellung des Namens dieses Mannes so sehr verhaspelt hatte, dass er ihn nicht klar und eindeutig über die Rampe seines Kanzel gebracht hatte. Nachdem er nach mehrfachen Anläufen gescheitert war, den Namen von Edmund P. Giambastiani Jr. über die Rampe zu bekommen, nannte er seinen zweitwichtigsten Mann schnurstracks in „Admiral Gi“ um - und gab ihm damit nicht nur einen neue Funktion, sondern auch einen neuen Namen - und machte es ihm damit sogleich so "gut" wie fast unmöglich, als "General Gi" später einmal die Nachfolge von Pace antreten zu können.

Summa Summrum: dieses Live-Programm war unterhaltender und aufklärender als all die Cartoons und Flash-Filmchen, die mit dem Präsidenten als Haupt-Witz-Figur in den Tagen zuvor als Content auf den Ständen zum Einsatz gekommen sind [2]. Mehr noch. Mit solcherlei Programm, das so wahr ist wie die Wirklichkeit dieses Landes, bedarf es keines Entertainment-Turbos mehr. Diese Erkenntnis ist - wenn wohl ganz anders als gewollt - eine grosse Bestätigung der Thesen in der Rede von CNN-Chef Jonathan Klein.

WS.

Anmerkungen

[1Cereals mit Milch - das Einzige, das bei diesem Überangebot an Fett und Zucker als "Alternative" zur Verfügung steht.

[2die Firmen werden hier bewusst nicht genannt, damit ihnen dafür nicht noch im Nachherein deswegen Nachteile entstehen


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